Ein Jahrzehnt im kulturellen Abriss, Teil 2:

SuedKultur – das Grundsatzprogramm

Mancher Zug rast vorbei - Grundsätze bleiben. Titelbild der SuedKultur-Print-Nullnummer (Grafik: Sabine Schnell)

Die Kulturinitiative feiert in diesem Jahr ihre 10jährige Existenz – Grund genug, in einer lockeren Folge auf einige Ereignisse zurück zuschauen …

Kultur und Vereinsmeierei sind wie die Stachelschweine in Schopenhauers Gleichnis: allein ist es ihnen zu kalt und zu nah tun sie sich weh. So ähnlich tat sich auch der “bunte Haufen” Kulturschaffender immer wieder schwer einen Konsens zu finden. Verband sie mehr das Elend eben als Kulturakteure und der damit verbundene Wunsch nach Hilfe und Trost? Oder gab es auch ein gemeinsames Miteinander, das einte und stärkte?

Auf jeden Fall entstand im September 2011 ein Papier an “Grundsätzen”, dass das Selbstverständnis ausdrücken sollte und bis heute tut. Denn auch noch heute ist SuedKultur weder Verein noch Person. Der Wortlaut:

SUED KULTUR ist eine Interessengemeinschaft von Kunst- und Kulturschaffenden, die ihren selbstgewählten Aufgaben mit Leidenschaft nachkommt.

Daß die Arbeitskonditionen und das Arbeitsumfeld auch Leiden schaffen, ist ein immer wieder erfahrener Fakt. Wir alle leben für die Vielfalt des künstlerisch/kulturellen Geschehens im Süderelberaum, aber wir wollen auch davon leben.

SUED KULTUR steht für die Vielschichtigkeit des kulturellen Lebens, für seine Eigenständigkeit und seine Bedeutung für ein selbstbewusstes Kulturprofil.

SUED KULTUR steht auch für den Zusammenhalt untereinander und für die gegenseitige Unterstützung.

Zur Verwirklichung unseres Anspruches werden eine lokale Heimat, eine finanzielle, eine ideelle und eine politische Heimat benötigt.

Die lokale Heimat besteht aus Räumen, in denen Ideen entwickelt werden , die sich zum Experimentieren eignen, die Musikern ihre Proben ermöglichen, die einen Treffpunkt für Künstler und ihre Gäste in lockerer Atmosphäre bilden und die der Verödung des Stadtteils durch Originalität entgegenwirken. Angedacht sind auch Open-Air-Spielräume, in denen Kunst- und Kulturprojekte Präsenz zeigen können.

Die finanzielle Heimat ist vom Kulturetat abhängig, dessen Erhöhung von SUED KULTUR dringend gefordert wird.

Da ein Großteil der kulturellen Projekte ohne freiwillige, unentgeltlich arbeitende Helfer nicht realisiert werden könnte, fordern wir auch die Anerkennung dieser Leistungen durch ein entsprechendes Entgelt.

Als ideelle Heimat stellen wir uns den engen Austausch zwischen Kommunalpolitikern, Behördenvertretern und Kunst- und Kulturschaffenden vor, der zu einem besseren Verständnis und einer höheren Wertschätzung des kulturellen Lebens führen soll.

In Erweiterung sehen wir die ideelle Heimat auch in der verstärkten Einbeziehung der Bewohner.

Kreativ arbeitende Menschen teilen sich nicht ausschließlich einer kunstbeflissenen Elite mit, sondern sie sind auch für die Allgemeinheit da. Ihr kulturelles Angebot richtet sich an Kinder, Senioren, an Arbeitende und Arbeitslose. Sie sorgen dafür, dass der Stadtteil für Ortsfremde an Attraktivität gewinnt. Kunst und Kultur sind immer ein Experiment, das gesellschaftliche Entwicklungen vorwegnimmt und deswegen ein notwendiger Bestandteil der sinnlichen Wahrnehmung der Gegenwart und der Zukunft ist.

Die politische Heimat besteht aus der Neudefinition von Vergabekriterien, dem demokratischen Recht auf Transparenz (wie kommen Entscheidungen zustande), dem Mitspracherecht bei übergreifenden kulturellen Schwerpunktentscheidungen, der Selbstverwaltung und freien Verfügung eines Prozentsatzes vom Kulturetat, der Vereinfachung der Förderungsformalitäten und aus der bürokratischen Hilfestellung durch Informationen über mögliche Fördermittel außerhalb des Bezirkes und Unterstützung bei der Formulierung der Anträge.“

(Nachtrag, am 26.04. 2012 beschlossen:)

„In dem Bewußtsein, daß die Mitglieder von SuedKultur aus unterschiedlichen Einrichtungen mit differenten Zielen und aus Gruppen und Einzelpersonen mit verschiedenem Hintergrund bestehen, hat sich SuedKultur gegen einen konventionellen Zusammenschluß entschieden. SuedKultur als Ganzes ist eine Bewegung zur Förderung der örtlichen Kunst- und Kulturszene, deren ausreichender Finanzierung und somit der Bedeutung und Achtung kultureller Entwicklungen. SuedKultur sieht sich keiner politischen, ideologischen, wirtschaftlichen oder parteipolitischen Strömung verpflichtet. Die Rede-, Denk- und Aktionsfreiheit innerhalb von SuedKultur besteht und garantiert die Diskussionsvielfalt. Trotzdem ist SuedKultur weder gleichzusetzen mit Positionen, die von einigen Mitgliedern vertreten werden noch mit dem Bemühen von außen, eine Einordnung in Denkschubladen vorzunehmen. Das übergeordnete Anliegen von SuedKultur bleibt bestehen und ist unantastbar.“

(Autorin: Anke de Vries)

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