Bundesministeriums beauftragte Studie zur Kultur- & Kreativwirtschaft

Der Totalausfall

wollen wieder besetzt werden ... ( Foto János Bencs / Pixabay)

Der Hälfte der in der Kultur- und Kreativwirtschaft Tätigen bricht durch die Corona-Pandemie mehr als die Hälfte, einem Viertel sogar so gut wie alles an Aufträgen weg. Das ergibt eine Studie, die nun der Deutsche Kulturrat vorlegt.

 

Kultur ohne Publikum? Das heißt auch keine Veranstaltungstechnik, keine Werbung, keine Programmgestaltung, keine Gastronomie … Eine Studie zeigt nun, was immer schon mal bemerkt wurde: am Kultur- & Kreativbereich hängen mehr Arbeitsplätze als man ahnt. Manche, so die Befürchtung, wird es bald nicht mehr geben. Denn Nachzuholen ist da nichts.

Ausnahmslos alle Bundesverbände, die geantwortet haben, gaben an, dass die von Ihnen vertretenen Unternehmen bzw. Selbständigen von der Corona-Pandemie betroffen sind. Dabei spielen fehlendes Personal oder Produktionsengpässe eine untergeordnete Rolle. Bedeutsam sind vor allem Umsatzrückgänge aufgrund von Veranstaltungsausfällen, Messen, Ausstellungen usw., gefolgt von Auftragsstornierungen und Betriebsschließungen aufgrund behördlicher Vorgaben. Dies Ergebnis spiegelt die herausragende Bedeutung von Veranstaltungen unterschiedlicher Provenienz für die Kultur- und Kreativwirtschaft und zwar über die originäre Veranstaltungsbranche hinaus.

Mehr als die Hälfte schätzt in ihrer Antwort ein, dass der Umsatzrückgang 50 Prozent und mehr betragen kann. Immerhin 24 Prozent gehen von einem Umsatzrückgang von 90 bis 100 Prozent aus. Nur 2 Prozent gab an, dass der Umsatzrückgang unter 10 Prozent liegen könnte. Diese Angaben beziffern die wirtschaftlichen Auswirkungen der Betroffenheit der Kultur- und Kreativwirtschaft durch die Corona-Pandemie. Viele Verbandsvertreterinnen und -vertreter befürchten überdies, dass über die akuten negativen Effekte hinaus noch bis weit in die zweite Jahreshälfte 2020 hinein und teilweise in das Folgejahr die Auswirkungen spürbar sein werden. Bei der Mehrheit der Antworten, 62 Prozent, wurde angegeben, dass keine Nachholeffekte zu erwarten sind oder anders gesagt, die Mehrzahl geht davon aus, dass Umsatzrückgänge nicht aufgeholt werden. Lediglich 2 Prozent der Befragten erwarten für die von ihnen vertretenen Unternehmen Nachholeffekte. Auch diese Antwort unterstreicht die starke und lange Betroffenheit der Kultur- und Kreativwirtschaft durch die Corona-Pandemie.

Der überwiegende Teil gab als Antwort an, dass die von ihnen vertretenen Unternehmen und Selbständigen Liquiditätshilfen benötigen. Immerhin 53 Prozent brauchten diese Hilfen bereits jetzt und andauernd, 24 Prozent in den kommenden drei Monaten. Mehr als Viertel schätzt ein, dass auch für das zweite Halbjahr 2020 und in 2021 Liquiditätshilfen benötigt werden. Dieses Ergebnis belegt, wie bedeutsam schnelle Hilfen waren. Es sind allerdings weitergehende Liquiditätshilfen von Nöten.

Die beste Note unter den Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen und SoloSelbständige erhielt die Flexibilisierung des Kurzarbeitergelds. Offenbar zeigt diese Maßnahme auch bei kleineren Unternehmen Wirkung, wie sie in der Kultur- und Kreativwirtschaft vorherrschend sind. Auch die Steuerstundung und die Öffnung der Grundsicherung schnitt relativ gut ab. Von den Zuschussprogrammen erhielt das Zuschussprogramm für Solo-Selbständige und Unternehmen mit bis zu 5 Beschäftigten die besten Noten. Bemängelt wurde allerdings, dass ausschließlich Betriebsausgaben wie gewerbliche Mieten bezuschusst werden und es nicht möglich ist, einen fiktiven Unternehmerlohn in Anschlag zu bringen. Hier wird eine Änderung der bestehenden Maßnahmen dahingehend gefordert, das die eigene Gehaltszahlung (fiktiver Unternehmerlohn) und Honorarausfälle anerkannt werden. Kritisiert wurde ebenfalls, dass branchenspezifische Besonderheiten zu wenig berücksichtigt werden.

Die schlechtesten Noten wurden für das Zusammenwirken von Bundes- und Länderprogrammen sowie die Darlehensprogramme nach dem Hausbankprinzip vergeben. Generell gaben viele der Befragten an, dass Darlehensprogramme weniger hilfreich sind, da die entstandenen Ausfälle künftig nicht oder nur unzureichend kompensiert werden können und die Tilgung der Kredite eine zusätzliche Belastung darstellt. Als vordringlich sehen die Bundesverbände die Anpassung der bestehenden Programme an die Bedarfe der Kultur- und Kreativwirtschaft an. Dazu gehören auch klare und rechtssichere Vergabekriterien, die nicht im Laufe des Zuschusszeitraums verändert werden. Als sehr wichtig werden ferner Steuererleichterungen, wie z.B. jahresübergreifende Verrechnungen, und Zuschüsse zur Liquiditätssicherung angesehen.

Der vom Deutschen Kulturrat geforderte Kulturinfrastrukturfonds wurde als wichtigste und vordringlichste Maßnahme genannt, um die Kultur- und Kreativwirtschaft wieder aus der Krise zu führen. Als zentral wurden bei diesem Instrument branchenspezifische Finanzhilfen und Förderprogramme genannt. Bestehende Förderprogramme sollten überprüft und ggfs. angepasst werden. Mit Blick auf die Öffnung von Veranstaltungs- und Ausstellungsorten werden einheitliche Konzepte als wichtig angesehen. Weiter soll die Öffentliche Hand Aufträge an die Kultur- und Kreativwirtschaft ausschreiben und auch vergeben.

Mit Blick auf das „Wiederhochfahren“ der Wirtschaft werden klar kommunizierte und bundeseinheitliche Regelungen für besonders wichtig erachtet. Nur so besteht Planungssicherheit. Steuerliche Anreize und Investitionsförderungen können Impulse beim „Wiederhochfahren“ geben. Auch werden Investitionen in die Digitalisierung weiterhin erforderlich sein. Für die Zukunft befürchten die Verbandsvertreterinnen und -vertreter, dass mit teils drastischen Einbrüchen in den verschiedenen Teilmärkten zu rechnen sein wird. Es steht zu befürchten, dass sich dies negativ auf die kulturelle Vielfalt in Deutschland auswirken wird. Alle Verbände gaben an, ihre Mitglieder durch Beratung, Hinweise, Webinare und vieles andere zu unterstützen.

Die Studie liegt hier zum kostenfreien Download bereit: www.kulturrat.de

 

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