Geschäftsführer Olaf Zimmermann sprach im Bundestag-Kulturausschuss:

Nachbesserung für Künstler*innen nötig

Der Kulturausschuss des Deutschen Bundestages hat sich mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Kultur- und Medienbereich befasst. Im Mittelpunkt standen die Auswirkungen auf die Kultur- und Kreativwirtschaft.

Zu Gast war auch Olaf Zimmermann, Chef de Deutschen Kulturrates und hat eine Analyse zur Kultur- und Kreativwirtschaft zur Corona-Zeit vorgestellt und konkrete Handlunsgfelder benannt.

In seinem Eingangsstatement stellte Olaf Zimmermann fest, dass die Soforthilfen des Bundes für Solo-Selbständige und Kleinunternehmen bei denjenigen greifen, die Betriebskosten wie gewerbliche Mieten u.ä. haben. An denjenigen, die aus ihrer Privatwohnung heraus arbeiten und kaum Betriebskosten haben, gehen die Hilfen aber vorbei. Olaf Zimmermann hat daher im Kulturausschuss konkret vorgeschlagen, dass ein Drittel der Hilfen für Solo-Selbständige (bis 9.000 Euro für drei Monate) als fiktiver Unternehmerlohn in Zukunft beantragt werden kann. Das würde für drei Monate einen fiktiven Unternehmerlohn von 3.000 Euro bedeuten, den Künstlerinnen und Künstler aus dem Programm dann erhalten könnten.

Weiter unterstrich Zimmermann, dass bislang ein echtes Kulturprogramm auf Bundesebene fehlt. Der gesamte Kulturbereich, von den Künstlerinnen und Künstlern, über die Kultureinrichtungen und Einrichtungen der kulturellen Bildung, die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft bis zu den Kulturvereinen, ist von der Corona-Pandemie existenziell betroffen. Ein mächtiger nationaler Kulturinfrastrukturfonds wäre das richtige Instrument, um über die Bundeskulturverbände die Kulturlandschaft in Deutschland nachhaltig zu unterstützen.

Es muss jetzt abgesichert werden, dass auch im kommenden Jahr von Kultureinrichtungen, -unternehmen, -vereinen, -festivals und anderen mehr Aufträge an Künstlerinnen und Künstler vergeben werden können.

Das Statement im Ganzen:

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kultur, Medien und Kreativwirtschaft

„Der gesamte Kultur- und Medienbereich, von den Künstlerinnen und Künstlern, den Kultureinrichtungen und Einrichtungen der kulturellen Bildung, den Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft bis hin zu den Kulturvereinen, ist von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Veranstaltungen, Aufführungen und Messen wurden abgesagt, Kultureinrichtungen und Einrichtungen der kulturellen Bildung sind geschlossen, Kulturorte wie Buchhandlungen, Galerien, Kinos, Theater oder Clubs mussten schließen und vieles andere mehr. Dies hat zur Folge, dass sich viele Künstlerinnen und Künstler, Kultureinrichtungen, Unternehmen der Kultur und Kreativwirtschaft sowie Kulturvereine in existenzieller Not befinden. Viele, insbesondere freiberuflich arbeitende Künstlerinnen und Künstler, waren und sind unmittelbar und sofort betroffen, bei anderen werden die Folgen erst später spürbar sein und voraussichtlich auf längere Sicht anhalten. Besonders schmerzlich ist, dass der öffentliche Diskurs, das direkte Gespräch, der Austausch und die Bearbeitung der Corona-Pandemie mit künstlerischen Mitteln nur sehr eingeschränkt möglich sind. Die Bedeutung von Kulturorten, wie Theater, Museen, Konzerthäusern, Konzerte u.a., als Orten der unmittelbaren künstlerischen Auseinandersetzung in der Gesellschaft wird gerade jetzt, wo sie fast gänzlich geschlossen sind, besonders spürbar. Obwohl es zahlreiche neue digitale Angebotegibt und in digitale Verbreitungsformen investiert wird, können sie das gemeinschaftliche und unmittelbare Live-Erlebnis oder das Erspüren der Materialität von Kunst nicht ersetzen. Dieses wird jetzt besonders deutlich. Das Internet ist keine Alternative für das künstlerische Liveerlebnis, es ist ein wichtiger Verbreitungsweg auch in der Notlage das Publikum zumindest eingeschränkt zu erreichen.

  1. Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kultur- und Kreativwirtschaft

Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist durch viele kleine und mittelständische Unternehmen gekennzeichnet. Am Anfang der Wertschöpfungskette in der Kultur und Kreativwirtschaft stehen die Künstlerinnen und Künstler, die unmittelbar und sofort die Wirkungen der Corona -Pandemie spürten. Aber auch die anderen Marktteilnehmer bzw. Glieder der Wertschöpfungskette sind betroffen. Bei einigen wie z.B. der Designwirtschaft treten die Auswirkungen erst mit etwas Verzögerung ein, da bestehende Aufträge bearbeitet und erst sukzessive Aufträge storniert werden.

Um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kultur- und Kreativwirtschaft längerfristig zu verfolgen und die Wirksamkeit von Maßnahmen zu eruieren, führt der Deutsche Kulturrat zusammen mit dem Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft eine Befragung der Bundesverbände der Kultur- und Kreativwirtschaft durch. Die Befragung ist als Panel-Befragung angelegt und wird über ein Jahr (Start 20.04.2020) alle zwei Monate durchgeführt. Wir erhoffen uns hieraus kontinuierliche Erkenntnisse zum jeweiligen Ist-Zustand, zu den Veränderungen und zur Wirksamkeit der unterschiedlichen Hilfsinstrumente.

Im Folgenden soll kursorisch der Ist-Stand in verschiedenen Teilmärkten der Kultur und Kreativwirtschaft dargestellt werden. Das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft hat bereits ein erstes Kurzpapier zu den ökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kultur- und Kreativwirtschaft erstellt. 

Die jeweiligen Verbandsinformationen werden vom Deutschen Kulturrat zusammengestellt.

Einige Unternehmen und Solo-Selbständige der Kultur- und Kreativwirtschaft werden voraussichtlich noch sehr lange von den Auswirkungen der CoronaPandemie betroffen sein. Das gilt insbesondere für die Musikwirtschaft und den Markt für darstellende Kunst. Beiden Teilmärkten der Kultur- und Kreativwirtschaft ist immanent, dass sie oft vor Publikum auftreten. Großveranstaltungen sind laut Vereinbarung von Bund und Länder mindestens bis zum 31.08.2020 nicht möglich. Das betrifft auch große Musikfestivals wie z.B. Rock am Ring, aber auch zahlreiche kleinere wie z.B. der Brandenburger Kultursommer werden davon in Mitleidenschaft gezogen. Für die Veranstaltungswirtschaft zieht dies Umsatzeinbußen in Millionenhöhe nach sich, die voraussichtlich auch im kommenden Jahr nicht ausgeglichen werden können. Von wegfallenden Veranstaltungen bzw. der Schließung von Clubs und anderen Auftritts- und Veranstaltungsorten sind Künstlerinnen und Künstler sowie deren Vermarkter (z.B. Label, Veranstalter) betroffen.

Die Musikwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten einen strukturellen Umbruch erlebt. Nach dem massiven Einbruch des Verkaufs physischer Tonträger und dem sukzessiven Aufbau von digitalen, legalen Vertriebswegen war gerade der LiveAuftritt in der populären Musik ein wesentlicher Schritt zur Generierung von Umsätzen. Dies wurde nun jäh abgeschnitten. Hinzu kommt, dass Auftritte auch zur Steigerung der Bekanntheit mithin zu weiteren Auftritten und dem Abverkauf von Musik führt.

Bereits jetzt kann vorausgeschätzt werden, dass beispielsweise die Einnahmen der GEMA in diesem Jahr deutlich sinken werden, da ein erheblicher Teil durch Veranstaltungen erwirtschaftet wird. Das wird bei den Ausschüttungen im kommenden Jahr unmittelbar wirksam werden und die Einkommen der Wahrnehmungsberechtigten schmälern.

Für den Markt für darstellende Kunst ist ähnliches zu berichten. Hier ist zu unterscheiden zwischen Privattheatern mit einem eigenen Haus und freien Ensembles. Privattheater mit eigenem Haus und eigenem Ensemble können Kurzarbeit für ihre Angestellten nutzen. Das größte Problem stellen derzeit die laufenden Kosten wie Miete, Pacht usw. Die Theater haben keine Reserven, um längere Zeiträume ohne Einnahmen zu verkraften. Wenn hier keine schnelle Hilfe kommt, werden Privattheater Insolvenz anmelden müssen. Die Freie Szene, also jene Ensembles, die nicht an einem festen Ort und teils auch in wechselnden Zusammensetzungen arbeiten, sind gleichermaßen betroffen. Die Künstlerinnen und Künstler sind selbständig. Geförderte Aufführungen können nicht realisiert werden, ggfs. müssen erhaltene öffentliche Fördermittel zurückgezahlt werden.

Ähnlich der Musikwirtschaft kann neben dem Wegfall der unmittelbaren Umsätze auch die fehlende Präsenz im Markt zu Umsatzeinbrüchen in der Zukunft führen. Im Buchmarkt ist neben der wegfallenden Leipziger Buchmesse, dem Ausfallen der Litcologne, weiterer Veranstaltungen sowie von Lesungen in Schulen, Kindertagesstätten, Altenheimen usw. vor allem die Schließung von Buchhandlungen in 14 von 16 Bundesländern bis zum 20.04.2020 zu erwähnen. Viele Buchhandlungen haben mit online-Angeboten reagiert. Für Verlage bedeutet

der Lockdown, dass die Frühjahrsnovitäten nur unzureichend präsentiert werden konnten, was wiederum Auswirkungen auf Autorinnen und Autoren hat. Buchhandlungen können bundesweit ab dem 20.04.2020 wieder öffnen. Als Vorteil für den Buchmarkt könnte sich erweisen, dass amazon die Lieferung von Büchern zugunsten anderer Produkte zurückgestellt hat. Im Kunstmarkt fiel mit der Art Cologne die wichtigste deutsche Messe im Frühjahr

aus. Sie wurde in den Herbst verschoben und es wird sich zeigen, ob die Umsatzerwartungen erfüllt werden können. Kunsthandlungen (< 800 qm) dürfen ab dem 20.04.2020 wieder öffnen. In der Zwischenzeit haben diverse Galerien virtuelle Rundgänge ermöglicht. Eine Auseinandersetzung mit der Materialität der Kunstwerke ist so allerdings kaum möglich.

Im Pressemarkt sowie der Rundfunkwirtschaft sind einerseits die Anforderungen und Erwartungen an Information gestiegen, andererseits die Werbeeinnahmen deutlich zurückgegangen. Da speziell im privaten Rundfunk das Programm durch Werbung refinanziert wird, entstehen trotz stärkerer Nutzung Schieflagen. Im Pressemarkt ist ein deutlicher Zuwachs digitaler Angebot mit Paywall auszumachen. Ohnehin anstehende Kapitalisierungsbemühungen von Inhalten wurden jetzt stärker umgesetzt. Fehlende Anzeigenerlöse reißen auch hier Finanzierungslöcher. Das trifft auch auf die Fachpresse zu, für die Anzeigenerlöse oft essentiell sind.

Im Filmmarkt konnte die Frühjahrsproduktion kaum in den Kinos platziert und ausgewertet werden. Es ist derzeit unklar, wann die Kinos wieder öffnen können. Es steht zu befürchten, dass Zuschauer aus Sorge vor Ansteckung zunächst ausbleiben. Die aktuelle Filmproduktion musste aus Gründen des Gesundheitsschutzes zurückgefahren bis eingestellt werden. Dies wirkt sich auf alle Gewerke aus. In der Designwirtschaft treffen die Auswirkungen der Corona-Pandemie mit einer gewissen Verzögerung ein. Viele Unternehmen bearbeiten noch Altaufträge. Auftragsstornierungen zeigen aber zu erwartende Umsatzeinbrüche an.

In der Gamesbranche zeichnet sich derzeit ab, dass sehr bekannte, internationale Titel eine stärkere Nachfrage erfahren. Die deutsche Gameproduktion, insbesondere kleinere Entwicklerstudios, sind ebenfalls von der Pandemie betroffen. Die Vergabe des Deutschen Computerspielpreis muss in diesem Jahr rein digital stattfinden.

Eine vertiefende Lageeinschätzung aus dem Kulturbereich finden Sie hier: kulturrat.de/corona

 

  1. Auswirkungen auf den öffentlichen sowie den öffentlich geförderten

Kulturbereich und Kulturvereine

Wie die erwerbswirtschaftlich orientierte Kultur- und Kreativwirtschaft sind auch der öffentliche Kulturbereich, die öffentlich geförderten Kultureinrichtungen sowie Kulturvereine von der Corona-Pandemie teilweise existenziell betroffen. Infolge der Corona-Pandemie mussten Kultureinrichtungen und Einrichtungen der kulturellen Bildung schließen. Veranstaltungen, Festivals, Ausstellungen, Lesungen usw. konnten und können immer noch nicht stattfinden. Bund, Länder und Kommunen haben schnell zugesagt, dass sie die bestehenden Möglichkeiten im Haushaltsrecht nutzen werden, damit Kulturinstitutionen und -vereine nicht in Schieflage kommen.

Viele Kulturinstitutionen und auch Einrichtungen der kulturellen Bildung erwirtschaften jedoch einen Teil ihrer Einnahmen aus Eintrittsgeldern oder Entgelten für Maßnahmen. Der Lockdown führt zu deutlichen Einnahmeverlusten. Es ist unklar, wie diese aufgefangen werden können. Viele Kultureinrichtungen haben in kürzester Zeit ihr online-Angebot ausgeweitet oder ein neues online-Angebot erstellt. Das ist positiv, zeigt es doch auch die Flexibilität des Kulturbereiches. Zugleich wird deutlich, dass Kultur ganz besonders vom physischen Miteinander lebt. Kulturvereine stehen vielfach unter der besonderen Belastung, dass sie aus gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründen keine Rücklagen bilden können, jetzt aber Einnahmen aus Entgelten drastisch einbrechen.

 3. Hilfsmaßnahmen des Bundes

Für den Kultur- und Medienbereich sind von besonderer Relevanz die Soforthilfemaßnahmen auf der Basis von Betriebsmittelzuschüsse für SoloSelbständige und Unternehmen bis zu 10 Mitarbeitern. Solo-Selbständige und Unternehmen mit bis zu 5 Mitarbeitern können Betriebsmittelzuschüsse für drei Monate bis zu 9.000 Euro beantragen, Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern Betriebsmittelzuschüsse bis zu 15.000 Euro.

Die Betriebsmittelzuschüsse werden über die Länder, i.d.R. die Investitionsbanken, auf Antrag ausgereicht. In fast allen Ländern gab es in der Anfangsphase technische Probleme mit der Vielzahl von Anträgen. Wirksam sind die Zuschüsse bei jenen Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft, die Betriebskosten wie z.B. Mieten u.ä. haben. Hier waren und sind die Zuschüsse eine wichtige Erleichterung bei der Überbrückung von Liquiditätsengpässen.

Solo-Selbständige, die aus ihrer Privatwohnung heraus arbeiten, haben zumeist keine Betriebskosten oder wenn in nur sehr geringer Höhe. An ihnen geht diese Hilfe des Bundes vorbei. Einige Länder haben mit eigenen Zuschussprogrammen reagiert. Manche davon sind aufgrund von Überzeichnung inzwischen eingestellt. Insgesamt entsteht aufgrund der fehlenden Wirksamkeit der Betriebskostenzuschüsse bei Solo-Selbständigen teilweise der Eindruck, die Maßnahmen würden gar nicht greifen. Das ist, wie oben gesagt, allerdings nur teilweise der Fall.

Der Sozialpakt, also der erleichterte Zugang zum Arbeitslosengeld II, ist vom Bund als Ausweg für diejenigen gewiesen, die keine oder unzureichende Betriebskostenzuschüsse erhalten und derzeit kein oder ein unzureichendes Einkommen haben. Die Bedingungen zum Zugang zum Arbeitslosengeld II wurden verbessert (keine Vermögensprüfung, Übernahme der Mietkosten in tatsächlicher Höhe). Dennoch stößt die Regelung innerhalb des Kulturbereiches auf sehr große Vorbehalte bis brüske Ablehnung. Das rührt zum einen daher, dass das Arbeitslosengeld II ohnehin ein schlechtes Image hat und zum anderen, dass der Eindruck besteht die eigene Arbeit und Selbständigkeit würden nicht gewürdigt.

Die verbesserten Bedingungen für Kurzarbeitergeld können von Unternehmen mit Angestellten genutzt werden. Da viele abhängig Beschäftigte im Kultur- und Medienbereich geringe Einkommen erzielen, bedeutet das Kurzarbeiter mit deutlichen Einkommenseinbußen leben zu müssen. Da dies in den Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft bekannt ist, wird das Instrument teilweise sehr vorsichtig angewandt. Das hängt auch damit zusammen, dass es sich überwiegend um kleine und mittelständische , oft inhabergeführte, Betriebe mit einem engen persönlichen Kontakt zwischen Mitarbeitern und Geschäftsleitung handelt.

Die Einführung einer Gutscheinlösung für Kulturveranstaltungen ist ein wichtiges Instrument, um die Liquidität von Veranstaltern sowie von Kultureinrichtungen zu gewährleisten. Es ist daher eine richtige und wichtige Maßnahme. Allerdings wird sie auch zu einer Nachfrageminderung nach Eintrittskarten führen, wenn wieder Veranstaltungen stattfinden, da dann zuerst die Gutscheine eingelöst und keine neuen Karten gekauft werden. Es wird also vor allem wichtige Zeit gekauft.

Wichtige weitere erste Maßnahmen sind Stundungen von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen oder auch von Mieten. Die Kreditprogramme entfalten wenig Wirkung in der Kultur- und Kreativwirtschaft, da die Aussichten, künftig höhere Umsätze zu erzielen und Kredite zurückzahlen zu können, als gering eingeschätzt werden.

Es fehlen Zuschussprogramme für Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern wie z.B. Privattheater. Für sie sind Kredite nicht kompatibel. Hier droht eine Insolvenzwelle.

Eine ständig aktualisierte Übersicht zu den Hilfsmaßnahmen des Bundes finden Sie hier: www.kulturrat.de/corona 

  1. Hilfsmaßnahmen der Länder

Die Länder haben teilweise eigene Förderprogramme aufgelegt. Einige Förderprogramme, z.B.in Berlin, wurden bereits wieder eingestellt, da sie überzeichnet waren. Diese Förderprogramme nehmen teilweise explizit Künstlerinnen und Künstler in den Blick. Hier werden u.a. Stipendien, Umsatzausfälle, Zuschüsse zum Lebensunterhalt auf Antrag gewährt.

Jedes Land geht dabei seinen eigenen Weg. Insofern hängt es letztlich vom Wohnort des Einzelnen ab, ob er oder sie von Programmen profitiert oder nicht. Das führt zu einer großen Ungleichheit mit entsprechendem Unmut. Ein besseres Zusammenspiel der Länder wäre dringend erforderlich. Zuschussprogramme für private Kultureinrichtungen wie Privattheater oder Musikclubs haben Berlin und Hamburg aufgelegt. In vielen anderen Ländern fehlt es an entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen für Kulturbetriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern.

Es ist generell positiv, dass einige Bundesländer aus Landesmitteln eigene Programme zur Verfügung stellen. Aber es ist schon sehr gewöhnungsbedürftig, dass fast jedes Bundesland sein eigenes Kulturförderprogramm gestrickt hat und es macht für Künstlerinnen und Künstler, für Kultureinrichtungen und kulturwirtschaftliche Betriebe einen spürbaren Unterschied, in welchem Bundesland sie ihren Sitz haben und damit ein gutes, ein weniger gutes oder überhaupt kein Notprogramm des Sitzlandes nutzen können. Für diesen Förderflickenteppich gibt es keinen nachvollziehbaren Grund! Er ist einfach nur zutiefst ungerecht.

Eine ständig aktualisierte Übersicht zu den Hilfsmaßnahmen der Länder finden Sie hier: .kulturrat.de/corona/massnahmen-der-laender  

  1. Hilfsmaßnahmen aus dem Kultur- und Medienbereich

Neben staatlichen Maßnahmen wurden auch Hilfsmaßnahmen aus dem Kultur- und Medienbereich selbst gestartet. Hierzu gehören u.a. Vereinbarungen der öffentlichrechtlichen Sender mit der Produzentenallianz zur anteiligen Übernahme von  Kosten an Film- und Fernsehproduktionen, Spendenaktionen von der Initiative Musik, der Deutschen Orchesterstiftung, der Filmförderungsanstalt im Verbund mit den Länderförderungen und andere mehr.

Eine ständig aktualisierte Übersicht zu den Hilfsmaßnahmen aus dem Kultur- und Medienbereich finden Sie hier: www.kulturrat.de/corona/hilfen

 Weiter beraten und informieren die verschiedenen Verbände aus dem Kultur- und Medienbereich kontinuierlich ihre Mitglieder und treten für Verbesserungen ein. Eine ständig aktualisierte Übersicht zu den Aktivitäten der Mitgliedsverbände des Deutschen Kulturrates finden Sie hier: kulturrat.de/corona/mitgliedschaft  

  1. Weiterer Handlungsbedarf

Nach aktuellem Sachstand wird die Corona-Pandemie bis entsprechende Medikamente bzw. ein Impfstoff vorliegen, das Leben in Deutschland prägen. Die Herausforderung wird sein, mit dem Virus zu leben und seine Verbreitung so gering wie möglich zu halten. Dies bedingt eine Ungewissheit, wann mit Lockerungen und Erleichterungen zu rechnen ist, was wiederum die Planung für die Kultureinrichtungen und -institutionen erschwert. Hier wären verbindliche Zeitfenster, wann weitere Lockerungen geplant sind, wichtig, damit die betreffenden Institutionen und -unternehmen entsprechend planen können. Einige Kultureinrichtungen und -unternehmen werden im ersten Halbjahr ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen können. So hat z.B. Hamburg entschieden, dass die Spielzeit 2019/20 für Theater und Orchester beendet ist. Es wäre wichtig, dass auch andere Länder hier Klarheit schaffen, damit entsprechende Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen geplant werden können.

D.h. auch über die Soforthilfen, die für einen Zeitraum von drei Monaten vorgesehen sind, hinaus, besteht erheblicher Handlungsbedarf, um das kulturelle Leben in Deutschland in seiner ganzen Breite und Ausprägungen zu sichern. Ein zentrales Instrument wäre ein Kulturinfrastrukturfonds, der bis Ende 2021 angelegt ist, um der gesamten kulturellen Infrastruktur (Künstler, Kultureinrichtungen, Kulturvereine, Kultur- und Kreativwirtschaftsunternehmen) Möglichkeiten zur Fortsetzung der Arbeit unter den Bedingungen der CoronaPandemie zu ermöglichen. Die Vergabe der Mittel sollte über Bundeskulturverbände erfolgen, die die Bedarfe des jeweiligen Bereiches kennen und adäquat und zielgerichtet auf Antrag Mittel ausreichen können. Adressaten des Programms sollten sowohl Künstlerinnen und Künstler, Kultureinrichtungen und Einrichtungen der kulturellen Bildung, Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie Kulturvereine sein. Was die Größenordnung diesen Hilfsfonds angeht, sollte das erfolgreiche Programm „Kultur macht stark“ als Beispiel genommen werden. Bislang wurden für dieses Programm vom Bund 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Ein bundesweites Zuschussprogramm für Unternehmen mit mehr als 10 und weniger 50 Mitarbeitern wäre wichtig, um vielen Betrieben insbesondere aus dem Markt für darstellende Kunst und der Musikwirtschaft zu helfen. Ein temporärer Entlastungszuschuss des Bundes zur Künstlersozialkasse und eine damit einhergehende Senkung des Abgabesatzes, im Idealfall auf 0 Prozent, für dieses Jahr, würde alle abgabepflichtigen Unternehmen entlasten und damit zur Liquiditätssicherung beitragen.

Trotz Corona-Pandemie gilt es weiterhin, die Rahmenbedingungen für den Kulturund Medienbereich zu gestalten. Die begonnene Urheberrechtsreform gilt es weiter zu verfolgen und die Themen, zu denen bereits Diskussionsentwürfe vorliegen, zeitnah abschließend gesetzgeberisch zu behandeln. Die weiteren  Themen, die durch die DSM-Richtlinie vorgesehen sind, sollten zügig angegangen werden. Aktuell verlegen viele Kultureinrichtungen, Einrichtungen der kulturellen Bildung sowie Künstlerinnen und Künstler ihre Aktivitäten ins Internet. Dieses ist sehr zu begrüßen und wird die Digitalisierung im Kulturbereich vorantreiben. Das darf aber nicht zu Lasten der Rechteinhaber gehen. Es muss weiterhin gesichert bleiben, dass die Persönlichkeitsrechte der Urheberinnen und Urheber gewahrt bleiben und die Rechteinhaber einen angemessenen Ertrag aus der Nutzung der Werke im Netz auch in Zeiten der Krise erhalten. In der Corona-Pandemie wird deutlich unter welchen prekären Bedingungen viele Künstlerinnen und Künstler aber auch andere Unternehmerinnen und Unternehmer im Kultur- und Medienbereich arbeiten. Die Gesetzgebung zur Grundrente sowie zur Einbeziehung von Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung muss zügig vorangetrieben werden, damit sie noch in diesem Jahr abgeschlossen werden kann.

Die EU-Ratspräsidentschaft sollte genutzt werden, um steuerpolitische Maßnahmen auf der europäischen Ebene voranzubringen. Dazu gehört die rechtssichere Einführung eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes für die Bildende Kunst.

Die öffentlichen Hände sind gefordert, für eine stabile Kulturförderung einzustehen. Bund, Länder und Gemeinden müssen bei der Aufstellung der Haushalte für 2021 und darüber hinaus die öffentliche Kulturfinanzierung stabil halten, um ein mittelfristiges Ausdörren des kulturellen Lebens in Deutschland zu verhindern. 

  1. Fazit

Kulturpolitik in der Corona-Pandemie muss einerseits flexibel auf aktuelle Bedarfe reagieren und andererseits mittelfristige Perspektiven entwickeln. Es war richtig und wichtig, schnell Soforthilfeprogramme aufzulegen. Gerade bei Solo-Selbständigen, die keine Betriebsstätten haben, entfalten diese Programme weniger Wirksamkeit als erwünscht. Hier sollte nachgesteuert werden. Entscheidend ist jetzt, tragfähige Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Dazu gehört, auch künstlerische Arbeitsmöglichkeiten für den Kulturbereich in der CoronaPandemie zu eröffnen. Ein nationaler Kulturinfrastrukturfonds wäre hierfür ein geeignetes Mittel.

Wichtig wird sein, die ergriffenen Maßnahmen kontinuierlich auf ihre Passfähigkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls nachzusteuern. Mit Blick auf die Kultur- und Kreativwirtschaft wird die als einjähriges Panel angelegte Verbändebefragung des Deutschen Kulturrates und des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft Daten vorlegen können.

Ebenfalls hilfreich wird unsere Studie „Frauen und Männer im Kulturmarkt“ sein, die einen Überblick über die Einkommenssituation abhängig Beschäftigter und Selbständiger im Arbeitsmarkt Kultur in den Jahren 2015 bis 2019 geben wird. Die Studie erscheint coronabedingt nicht im April, sondern im Mai dieses Jahres.“

Quelle: www.kulturrat.de Stellungnahme-Kulturausschuss

 

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