Sachbuch: Kulturratschef bringt „kulturpolitisches Pflichtenheft“ heraus:

Aus dem Dunst deutscher Kultur

In manchem Fischteich geht es bunter zu als in der einen oder anderen Kulturdebatte. (Foto: smdelacolina / pixabay)

Es tut sich einiges im Kulturbetrieb der Republik und was wäre schöner, als wenn einer, der es wissen müsste, uns an die Hand nimmt.

„In meinem kleinen kulturpolitische Pflichtenheft will ich zeigen, welche Themen unter welchen Rahmenbedingun­gen die Arbeit auf der Kulturbaustelle heute bestimmen, oder be­stimmen sollten.“ So heißt es im nun erschienen Band „Mein kulturpolitisches Pflichtenheft“ von Olaf Zimmermann. Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, quasi dem Dachverband der kulturellen Dachverbände einzelner Genres.

Er ist also eine „Kapazität“, wie man diese Expertise gerne nennt und sicher hat sein Wort Gewicht im kulturpolitischen Diskurs.

Und im Band geht es denn auch um alle Sparten: Werte, Kunst, Medien, Handel, Bildung, Religion, Erinnerung, Digitales, Natur, Nachhaltigkeit und gar den Krieg. Aber um was genau geht es? Was ist der Anlass für diese Schrift? Wer hier Einblicke in Hintergründe, das „Handwerk“ eines Kulturlobbyisten erwartet, wer darauf hofft, zumindest Hinweise für Interessensarbeit ableiten zu können, der sei vor Ent-Täuschung gewarnt.

Also vielleicht eine Zwischenbilanz seines – also Zimmermanns Schaffens? Dafür, dass er seit 1997 Geschäftsführer des wohl höchstrangigen Kulturverbandes der Republik ist, wohl kaum. Und es findet sich keine Stelle, in dem er andeutet, dieses Amt bald nicht mehr bekleiden zu wollen. Konkrete Zäsuren aus der Politik, der Pandemie oder Kulturlandschaft selbst? Auch hier kejn Verweis. Und es muss ja auch keinen Anlass geben. Man kann ja mal auch so sein Statement kundtun. Dann aber stolpert man über den vielsagenden Titel „kulturpolitisches Pflichtenheft“. Ein aus der Zeit gekommener Begriff, der vielleicht auch nie wirklich IN der Zeit war. Da es zudem „sein“ Pflichtenheft heißt, wäre nun ja zu erwarten, dass Olaf Zimmermann uns über seine moralischen Pflichten und Tugend aufklärt. Aber auch hier liest sich leider wenig ab, ob die durchaus als „Soll“-Werte lesbaren Diskurshäppchen dem Diskurs mit dem Lesenden dienen oder die „Kulturpolitik“ als Adressaten haben mag. Da es unklar bliebt, wer welche Pflicht zu tragen hätte, wirkt der Begriff „Pflichtenheft“ hier unpassend, bieder, verstaubt und im Grunde irreführend.

Dennoch, trotz dieser unklaren Zielansprache –wer hat also für wen welche Pflichten und warum? – ist das gut 200 Seiten starke Heftchen eine Lesung wert. Denn es gibt natürlich auch eine Zustandsbeschreibung der aktuellen Kulturlandschaft in Deutschland wieder. Wie verhält sich Kunst und Kultur zur Digitalisierung, wie steht es ums Urheberrecht oder die Geschlechterrollen? Wie prekär ist Kultur heute und lohnt es noch die Hoch- und Subkultur zu differenzieren? Und doch: würde sich Zimmermann einzelnen Genres und Themenbereichen eingehender widmen, wäre es sicher im Umfang um ein 5faches gewachsen. Aber es hätte dann auch etwas Konkretes an die Hand zu geben. So wirkt es zeitweise moralisierend ohne es eigentlich zu sein. Es bleibt etwas oberflächlich ohne dass man nicht spürt, dass es auf einem Fundament baut. Dies zu ergründen, bliebe aber dem Lesenden selbst überlassen. Und so könnte man wieder zum Beginn dieser Besprechung kommen: an wen richtet sich denn dieses Buch?

Schade – hier hätte man gern gefragt: „darf´s etwa mehr sein?“

Das Buch:

Olaf Zimmermann – Mein kulturpolitisches Pflichtenheft, ISBN: 978-3-947308-38-5, 216 Seiten, Preis: 19,80 €

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