Serie: Stand & Entwicklung der Kultur im Bezirk Harburg (I)

Harburgs Stadtteilkulturmittel

Stille Wasser sind tief - auch in Harburg? (Foto: Linda Lioe / Pixabay)

Dass es um die Kultur auch in Harburg besser stehen könnte, ist kein neuer Wunschgedanke. Dass es aber schlimmer steht als nötig, zeigt neuerdings eine Große Anfrage der Partei Die Linken. Die Antworten verheißen nichts Gutes … (Teil I)

Die Partei Die Linke hat im Oktober eine recht umfangreiche „Große Schriftliche Anfrage zur Situation und Entwicklung der Kultur im Bezirk Harburg“  an die Bezirksverwaltung Harburg gestellt. Anfang November kamen die Antworten und es zeigt vor allem eines:  nach oben ist verdammt viel Luft!

Da die Thematik derart vielschichtig ist, gehen wir in einer lockeren Reihe einzelne Felder der Bezirkskultur mal genauer durch. Heute: „Teil I –  Harburg und die Stadtteilkulturmittel“

Über 26 Seiten zieht sich das Frage- und Antwort-Spiel. Ein Teil handlee ums liebe Geld – die da „Stadtteilkulturmittel“ heißen.

Harburg bekommt – wie alle anderen Bezirke – für seine lokalen Kulturangebote Mittel über die Behörde für Kultur und Medien, die es dann bezirklich verteilen kann. Diese werden in Hamburg „Stadtteilkulturmittel“ genannt und als Zielsetzung, was damit erreicht werden soll, wurden vor Jahren mal die sogenannten „Global-Richtlinien“ entworfen. Klingt mondän, ist aber im Grunde für Rund-um-die-Kirchturmspitze gemeint. Darin wird z.B. formuliert: „Stadtteilkultur ist kein Produkt staatlicher Versorgungsplanung, sondern entsteht und wirkt – unabhängig von Planungs- oder Sozialindikatoren – auf der Grundlage spezifischer, regional unterschiedlich gewachsener und entwickelter Strukturen und Milieus in Verbindung mit initiativem Engagement von Personen, Gruppen und Einrichtungen.“

Unter anderem wird auch eine Zielsetzung formuliert, wie die Fürsorge seitens des Bezirkes für eben diese Stadtteilkultur zu verstehen ist: „Die Bezirksämter gestalten den Planungsprozess zu Perspektiven der Stadtteilkulturförderung des jeweiligen Bezirks (…) Die Bezirksämter erfassen diese Bedarfe und Potenziale regelhaft und schreiben sie fort (…) Parallel dazu werden im Rahmen eines offenen kulturpolitischen Dialoges auf Bezirksebene zwischen bezirklichen Gremien, der Bezirksverwaltung und Einrichtungen bei Bedarf bezirkliche Ziele/Teilziele zur Entwicklung der Stadtteilkultur formuliert. Sie konkretisieren den Zielrahmen der Globalrichtlinie Stadtteilkultur und treffen Aussagen zu spezifischen Sozialräumen, Zielgruppen oder Bereichen der Stadtteilkulturarbeit. Dabei wird sich die Spannung zwischen Zielvorgaben der Fachbehörde (Globalrichtlinie), Planungsvorgaben auf Bezirksebene und den Zielsetzungen der Einrichtungen und Akteure nicht vollständig auflösen lassen.“

So weit so logisch: Kultur im Stadtteil (versus z.B. Hochkulturangeboten der Elbphilharmonie oder Staatsoper) entsteht im „Milieu“ und durch das Engagement vor Ort, das folglich transparent und im Dialog zu unterstützen sei. Die Kultur setzt die „Impulse“ und die werden unterstützt.

Gesamt stellt der Senat die Stadtteilkulturmittel für alle Bezirke gesamt auf. Die Verteilung aber ist nicht gleichmäßig – nach dem Motto Gesamtbetrag durch sieben Bezirke. Und auch nicht logisch herleitbar – z.B. an Betrag je Einwohner oder ähnlichem. „In seinem Jahresbericht 2018 kritisiert der Rechnungshof die Ungleichverteilung der Mittel auf die Bezirke: Im Schnitt sieht der Stadtteilkulturetat für jeden Hamburger zirka 3,60 Euro vor, errechnet der Rechnungshof. Nach der Aufteilung auf die Bezirke bleiben für jeden Harburger jedoch nur 1,80 Euro übrig, während die Altonaer oder die Hamburger aus dem Bezirk Mitte mit Stadtteilkultur für annähernd fünf Euro pro Bürger erbaut werden.“ (nachzulesen etwa im ´Hamburger Abendblatt` vom 31. März 2018)

Sauerei könnte man meinen. Und ist es auch. Aber wie sieht es mit jenen Mitteln aus, die Harburg bekommt?

Unter Punkt 18 “Verwaltung der Stadtteilkulturmittel” wird in den Anlagen C & D der Schlüssel der Gelderverteilung aufgeschlüsselt.

Die Förderung baut sich wie folgt zusammen:

  • Die gesamte Rahmenzuweisung Stadtteilkultur für Harburg beträgt im Jahr 2016 exakt 184.000 €, 220.000 € im Jahr 2017, ab 2018 dann 257.000 € . Nachfolgend erfolgt dann eine jährliche Steigerung um 1,5%, also um 3.800 €.
  • Daneben gibt es noch Fördermittel, die seinerzeit zur Finanzierung des Frauenkulturhauses in der Neuen Straße aufgewandt wurden und seit seiner „Abwicklung“ dem allgemeinen Harburger Stadtteilkulturtopf zugerechnet werden. jährlich 68.000 €

So ergibt sich rein rechnerisch, dass

> 2014 inkl. der Fördermittel des Frauenkulturhauses (FKH) gesamt 268.000€ zur Verfügung standen. Davon waren 159.000 € an institutionelle Förderungen gebunden. Nach der Liste der Projektförderung wurden weitere 32.679,12€ für Projektförderung ausgegeben und. Es blieben also 60.320,28 € über.

> 2015 standen wie im Vorjahr 268.000 € zur Verfügung. Davon waren wieder 159.000 € an institutionelle Förderungen gebunden. Nach der Liste der Einzel-Projektförderung wurden zudem 66.347,22 € an Projektanträge vergeben. Über blieben also 26.652,78 €.

> 2016 standen wie schon 2014 und 2015 genau 268.000 € zur Verfügung. Davon waren dann nach einzelnen Erhöhungen 166.800 € an institutionelle Förderungen gebunden. Nach der Liste der Projektförderung wurden zudem 37.306,20 € vergeben und unter der Rubrik “informativ” aus den Mitteln des FKH weitere 54.790,- €. Gesamt kam hier ein Minus von 6.896,- € zum Tragen.

> 2017 standen dann erstmals  284.000 €  zur Verfügung. Davon waren wieder 159.000 € an institutionelle Förderungen gebunden. Nach der Liste der Projektförderung wurden zudem 16.600,- € vergeben und unter der Rubrik “informativ” aus den Mitteln des FKH weitere 48.069,79 €. Gesamt blieben immer noch 30.530,21 € über.

Das ergibt einen beeindruckenden Zwischenstand. : Denn demnach summierten sich zwischen 2014 bis 2017 mehr als 110.000 € im Topf. Wer hätte das für möglich gehalten?!? Harburg hat Geld – über.

> 2018 standen erstmals sogar 321.000 € zur Verfügung. Davon waren 219.000 € an institutioneller Förderung gebunden. Nach der Liste der Projektförderung wurden bis zur Anfrage (und das Jahr neigt sich erst dem Ende) zudem 30.732,52€ vergeben und unter der Rubrik “informativ” aus den Mitteln des FKH weitere 39.848,21 €. Gesamt waren zum Stichtag noch 35.319,27 € über.

Demnach wären mittlerweile mehr als 140.000 € aus den letzten Jahren über.

Um Impulse im Bezirk also zu unterstützen wären Mittel da. Da über die Projektanträge aber nur im nicht-öffentlichen Teil des bezirklichen Kulturausschusses entschieden wird, ist dies alles den eigentlichen Kulturschaffenden bisher verborgen geblieben. Ob es überhaupt die Ausschussmitglieder wissen, ist ebenso unbekannt. Will man wissen, wie es vorbildlich anders geht, reicht ein Blick z.B. in den Bezirk Nord. In der November-Sitzung 2018 findet sich völlig selbstverständlich eine Mitteilung über die veranschlagten, die verausgabten und die noch verfügbaren Haushaltsmittel für Kultur: Sitzungsdienst HH-Nord

Es ist also durchaus berechtigt und wünschenswert, wenn der Bezirk Harburg in der Pro-Kopf-Kulturmittelverteilung des Hamburger Senats gleichgestellt würde und mehr bekäme. Wie aber der Volksmund so schön verlangt, müsse man aber immer auch vor seiner eigenen Haustüre kehren.

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