SuedKultur-Projekt baut Netzwerk der lokalen Bildenden Kunst aus

Kooperationen der Kunst

Reichlich Kunst - und alle leihbar: die Ausstellung der Kunstleihe Harburg in der Eißendorfer Str. 124. (Foto: S. Schnell)

Vor einem Jahr trafen sich Künstler*innen Harburgs in den leeren Räumen der Dreifaltigkeitskirche. Gestest wurde, ob man dort eine Artothek (Kunstleihe) aufbauen könnte. Seither ist viel passiert. Und es kommt noch besser …

In der Mitteilung der Kunstleihe heißt es:

„Die Kunstleihe Harburg – Hamburgs erste Artothek, in der man seit Anfang 2019 für wenig Geld lokale Kunst leihen kann – ist seit Mai am neuen Standort, im Nachbarschaftstreff  Eißendorfer Straße 124 angekommen und startet nun mit zahlreichen weiteren Angeboten und Kooperationen durch.

Nachdem das Team der Kunstleihe Harburg sich in den neuen und nur zeitweise nutzbaren Räumen einer ehemaligen Sparkassen-Filiale in der Eißendorfer Straße 124 in Harburg zunächst etwas umgewöhnen und einiges Mobiliar anpassen musste, ist nun wieder etwas Zeit für die inhaltliche Arbeit.

„Aus der Idee, einfach mal lokale Kunst für das private Zuhause zu verleihen, ist mittlerweile ein umfassenderes Projekt der Kunstvermittlung geworden“, so Heiko Langanke vom Team der Kunstleihe.

Der NDR hatte sowohl im Fernsehen (Hamburg Journal) als auch im Radio (90,3) noch zu Zeiten ihrer Testphase im Rahmen des Kulturprojekts „3falt“ in der leerstehende Dreifaltigkeitskirche, sich dem Thema Artothek/Kunstleihe gewidmet. Nun fasste der Radio-Sender nach und interviewte einige Kunstleihende. Und die Faszination der etwas anderen Begegnung mit Kunst war deutlich herauszuhören. „Die Begeisterung, sich in den eigenen Räumen und viel intensiver mit Kunst zu befassen, erleben wir fast jeden Sonntag in der Kunstleihe vor Ort“, so Sabine Schnell vom Kunstleihe-Team. „Es wurde dringend Zeit, dass Hamburg diese Lücke in der Kunstvermittlung schließt.“ Denn anderswo in der Republik sind sogenannte Artotheken bereits seit den 80er Jahren üblich.

Mittlerweile sind binnen weniger Monate gut 40 Werke in private und vornehmlich Harburger Haushalte gewechselt. Und das Kunstleihe-Team kooperiert mittlerweile mit dem Artothekenverband Schleswig-Holstein und auch dem Bundesverband der Artotheken. Sobald eine geeignete Organisationsform gefunden ist, steht auch die Mitgliedschaft an.

„Zur Zeit ist uns auch wichtig, auf die jahrzehnetlangen Erfahrungen der Altvorderen zurückgreifen zu können“, so Langanke. „Beim Aufbau eines umfassenderen Webportals können wir vermutlich die Software der Profis mitnutzen. Das wird uns erlauben, schon zukünftige Aspekte der Digitalisierung und Sicherung des kulturellen Erbes mitzudenken.“ Denn, so prognostizieren etliche Artotheken-Macher: das Thema der Nachlässe an Kunstsammlungen wird in naher Zukunft auch eines der Kunstleihen werden. „Es wäre dumm, wenn die Leidenschaft von Kunstsammler*innen später in Kellern vergammelt ohne gesehen zu werden. Und es ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, diese Kultur zu bewahren. Dabei wird die Ausleihe eine Möglichkeit sein. Sich ihrer aber erst einmal gewahr zu werden, ist viel vordringlicher“, so Langanke.

Vorab aber glänzt die Harburger Kunstleihe bereits mit einer eigenen Facebook-Seite facebook.com/KunstleiheHarburg mit tagesaktuellen Tipps und Hinweisen zum Kunstleben in Harburg und Hamburg aber auch einem Instagram-Auftritt instagram.com/kunstleihe, auf dem etliche Kunstwerke der Leihe anzuschauen sind.

Erste Kontakte mit Kunstinitiativen anderer Bezirke bestehen bereits ebenso. „Auch das ist ein gutes Zeichen, denn überall in Hamburg sollte Kunst als alltägliche Begleiterin verstanden werden“, so Langanke.

In Kürze ist zudem und während der sonntäglichen Öffnungszeiten ein weiteres Angebot angedacht. Die Harburger Künstlerin Petra Hagedorn bereitet gerade einen „Kunstsalon“ vor. Hier können Kunstinteressierte mit Künstler*innen direkt in der Kunstleihe zusammen kommen. Dann tauscht man sich über Ziele und Inhalte von Künstler*innen oder gar Kunstgruppen aus, aktuelle Ausstellungen, Hintergründe zu Techniken, Motiven oder Arbeitsweisen. „Ebenso kommen auch Leute auf uns zu und fragen nach professioneller Hilfe beim Rahmen von Kunstwerken zum Beispiel.“

Auch die Kunstabteilung „arts & change“ der Medical School Hamburg, die im Harburger Hafen ansässig ist, war nun schon mit rund 15 Studierenden zu Gast in der Kunstleihe. Sie wollen die Kunsterfahrungen weiter erforschen. Was ändert sich bei den Leihenden in der Wahrnehmung? Könnte temporäre Kunst in Kliniken, Seniorenheimen oder Behörden wirken und wenn wie? „Es ist auch für uns eine besondere Erfahrung geworden, wie unterschiedlich das Interesse an Kunst ist“, so Sabine Schnell. „Es ist nicht unbedingt das, was man denkt, was gut ankommt. Und es sind bei uns nicht vordringlich die Namen, die beachtet werden, sondern wirklich die Kunst selbst. Das ist im Grunde das größte Kompliment an die Kunst!“

Zu den Sommerferien will auch die Künstlerin und Stipendiatin der Claussen-Simon-Stiftung Simone Karl einen Kunstworkshop für Kids und Teens anbieten.

„Die Kunstleihe hat sich aber auch zum Netzwerk für Künstler*innen selbst entwickelt“, freut sich Heiko Langanke. So sei angedacht, eine gemeinsame Ausstellung im Rahmen des 3. Buxtehuder Kunstfestes zu organisieren. Und auch beim 16. Harburger Kulturtag will das Kunstleihe-Team Präsenz zeigen – mit einer besonderen Themen-Ausstellung. Und auch wenn der derzeitige Standort gut als „Exil“ dient: „Ein frei verfügbarer Raum in zentraler Lage, der auch in der Woche für Kunstkurse und mehr nutzbar ist, wird unser mittelfristiges Ziel bleiben!“

Es bleibt also viel zu entdecken und zu tun auch für die Leute des gut 10köpfigen Kunstleihe-Teams aus Harburg.

Wer Interesse bekommen hat, kann die rund 150 Werke umfassende Ausstellung der Kunstleihe jeden Sonntag von 12-17h in der ehemaligen Filiale der Sparkasse Harburg-Buxtehude, Eißendorfer Straße 124 besuchen. Dort stehen dann auch meist Kaffee, Kuchen oder ein Glas Sekt bereit und laden zum Austausch.

Wer ein Werk leihen möchte, tut dies für 3 Monate und für 6,- € Leihgebühr. Ein Personalausweis sollte unbedingt mitgebracht werden.“

Weiterführende Links: www.sued-kultur.de/kunstleihe; www.facebook.com/KunstleiheHarburg; www.instagram.com/kunstleihe

NDR-Berichte siehe/höre: youtube/suedkultur

Die Kunstleihe Harburg wird unterstützt durch die Alfred Toepfer Stiftung FVS, die Claussen-Simon-Stiftung, die ZEIT-Stiftung, die Stiftung Erlebnis Kunst sowie private Personen.

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