Das KulturWohnZimmer wieder Thema im Bezirksparlament:

Würdelos

Dauerthema weil nicht gelöst: Gloria-Tunnel und das dortige KulturWohnZimmer. (Foto: Ini Gloria-Tunnel)

Der Gloria-Tunnel Harburgs ist alles andere als ein Lobgesang. Und das hat weniger mit den dort tätigen  Kulturschaffenden als mit der beschämenden Politik im Bezirk zu tun.

Es war im April Thema des Kulturausschusses. Es war im Mai Thema. Das KulturWohnZimmer.

Erst Ende 2017 eröffnete es und Harburgs Politik und Verwaltung freute sich: nicht nur, dass mit der Medical School Hamburg eine Abteilung der Künste in den Harburger Hafen gezogen war und so gleich viele junge Menschen durch ihre Ausbildung Harburg bereicherten. Sondern dass auch gleich ein paar jener Studierende die Initiative ergriffen und im ehemaligen „Schmuddel-Tunnel“ – dem Gloria-Tunel zwischen Lüneburger Straße und Seevepassage ein sogenanntes „KulturWohnZimmer“ errichteten. (´Tiefgang` berichtete am 18. Nov. 2017)

Und dann das: in einem Antrag an die Bezirksversammlung erklärten die Aktivist*innen ihre Ziele, ihre Arbeit, ihren Erfolg und ihre Kosten. Dafür wollten sie einen  Beitrag der Bezirksversammlung. Denn viele der Studierenden stehen vor dem Ende Ihrer Ausbildung und wünschten sich, einen Teil ihrer Daseinsvorsorge auf diesem Projekt dauerhaft begründen zu können.

Welch´ Frevel! Ist man doch in Harburg gewohnt, dass Kultur nicht nur kostenfrei (Stichwort ´Hutspende`) angeboten wird, sondern auch unentgeltlich ehrenamtlich erarbeitet. Denn „Harburg hat ja kein Geld“ verheißt die Leier. Vermutlich seit es den Bezirk gibt.

Noch schöner aber: die Aktivist*innen durften einen Vortrag im Kulturausschuss halten und im nicht-öffentlichen Teil (der dann die Finanzen klärt), so war von zuverlässigen Stimmen zu hören, wurde der Antrag ohne Diskussion (und Argumente) von der Großen Koalition aus SPD und CDU abgelehnt.

Im zweiten Anlauf dann war als offenbar einzig laut genanntes Argument zu vernehmen, dass die ja da nur rumsässen. Also ganz anders als Bezirkspolitik, wenn sie tagt.

Das kann nicht gerade einladend wirken oder die bisherige Arbeit in irgendeiner Form würdigen. Eher wohl führt es zu Verdruss, Unverständnis und Abkehr vom Bezirk.

Da in dem Antrag auch Honorare eingefordert wurden, kam die Frage auch an die Initiative SuedKultur auf, wie man den Antrag denn sehe. Denn SuedKultur bekomme ja (auch) so gar nichts und manche Institutionen innerhalb der SuedKultur-Initiative nur sehr wenig. Mit anderen und verwaltungstechnischen Worten: „nicht auskömmlich“. Nun: das macht es a) nicht besser und zeigt b) dass es nur noch schlimmer wird. Denn auch bei der schon bestehenden Kultur in Harburg kann von „Würdigung“ keine Rede sein. Und die Würde beginnt nicht mit Geld, sondern mit Haltung. Und selbst wenn die Initiative des KulturWohnZimmers Geld bekäme, wäre die Situation der SuedKulturler nicht besser oder schlimmer, sondern gleich schlecht. Eine Art soziokultureller Neid bringt niemandem was – außer dem für Kultur stets abgeneigtem Bezirks-Sparschwein. Probleme muß man erkennen, erörtern und lösen. Kurz: angehen.

Um so besser, dass die Oppositionspartei „Die Linke“ nicht nachgibt und in der Sommer-Sitzung des Bezirksparlaments (am 17. Juni) das Thema neuerlich aufgreift.

In dem Antrag (Drs. 20-3920) heißt es:

„Seit Jahren schon ist der „Gloria-Tunnel“ zwischen Seeveplatz und Lüneburger Straße ein ungeliebter und verwahrloster Ort. Es gab bereits viele Versuche, ihn attraktiver zu machen, wie z. B. ein Galerie-Café, das jedoch nicht viel Zuspruch bei der Bevölkerung fand. Seit Ende 2017 wird nun der größte Raum des ehemaligen Cafés Dienstag – Freitag von 14 bis 20 Uhr und Samstag von 12 bis 20 Uhr zum „Kulturwohnzimmer“. Es handelt sich um ein Projekt von fünf Studentinnen und Studenten der Fachhochschule Medical School Hamburg am Schellerdamm. Interessant an dem Projekt ist, dass Kunst hier keinen musealen Charakter hat oder die Vorbeikommenden in die Rolle von Zuschauern gedrängt werden, sondern unter Anleitung der Studierenden selbst künstlerisch tätig werden können. Material wird kostenlos zur Verfügung gestellt, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Unabhängig von gesellschaftlichen und kulturellen Hintergründen können die Menschen sich hier als Kunstschaffende begegnen – ein Konzept, das gerade im sozial und kulturell vielschichtigen Harburg eine wichtige Aufgabe erfüllen kann. So wird der Gloria-Tunnel, die vorherige Harburger „Schmuddelecke“ zum kreativen, alle Menschen verbindenden Raum. Vergütung haben die Student*innen erstmalig in den Monaten Mai, Juni 2018 erhalten. In der Zeit vom 22.11.2017 bis April 2018 sind die Student*innen ihrem Projekt unentgeltlich nachgegangen und ihr Bestreben, dieses Projekt auch nach dem Studium weiterzuführen, ist nur zu befürworten und damit einhergehend auch ein angemessener Lohn. Der Erfolg des „Kulturwohnzimmers“ ist auch der Verwaltung im Bezirksamt bewusst, deshalb wurde das Projekt im Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit bereits zweimal auf die Tagesordnung gesetzt.“

Die daraus resultierende Bitte im Antrag:

„Mit dem Kulturwohnzimmer Kontakt aufzunehmen, um über die Möglichkeit der Weiterfinanzierung des Projektes aus Bezirksmitteln oder auf andere Weise zu beraten.“

Kurzum: das, was „normalerweise“ am Anfang stehen sollte.

Es droht, eine Wiederauflage des Tunnel-Desasters zu geben. Denn schon mal – und da ging es um gute fünfstellige Beträge – wurde Kultur (aus-)genutzt, um hausmeisterische Tätigkeiten im einstigen „Schmuddel-Tunnel“ vorzunehmen. (siehe ´Tiefgang` vom 24. März 2017) Und die Situation drängt sich wieder auf: „Harburg – liebe es oder verlasse es“!

Quelle: sitzungsdienst-harburg.hamburg.de

 

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