Betonwürfel gegen das Vergessen

(Foto: Archiv Gunter Demnig)

Es war wohl ein `Kuss der Muse´, der den Künstler Gunter Demnig vor 22 Jahren dazu animierte, in aller Stille in Köln den ersten STOLPERSTEIN für ein Opfer des Nationalsozialismus zu verlegen. Dass diese unspektakuläre Einzelaktion inzwischen zu einer Volksbewegung geworden ist, ahnte damals wohl niemand.

Ein Beitrag von Klaus Möller

Europaweit erinnern inzwischen über 61.000 Stolpersteine – darunter 207 in Harburg – an Menschen, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Die 10cm x 10cm x 10cm großen Betonwürfel tragen Inschriften mit den Namen, den Lebensdaten und den Todesorten der Ermordeten und liegen vor den Gebäuden, in denen sie einst wohnten oder arbeiteten.

An dem Bau dieses weltweit größten dezentralen Denkmals für die Opfer des Nationalsozialismus sind inzwischen ganze Heerscharen von Förderern und Freunden des Projekts aktiv – und weitgehend ehrenamtlich – beteiligt. Während die einen in endloser Reihenfolge – auch im Bezirk Harburg – mit ihren Spenden die Herstellung und Verlegung dieser Bausteine finanzieren, erforschen die anderen auf unterschiedlichen Wegen in unzähligen Groß- oder Kleingruppen – wie die Mitglieder der `Initiative Gedenken in Harburg´ – in engem Kontakt mit dem Kölner Künstler die Namen, die einstigen Wohn-adressen und das jeweilige Schicksal der Menschen, denen die Nationalsozialisten ihr Leben nahmen.

Auf diese Weise trägt die `Initiative Gedenken in Harburg´ tatkräftig zur Verankerung dieses speziellen Erinnerungsprojekts vor Ort bei. [Ein Großteil ihrer Forschungsergebnisse ist nachlesbar in dem Buch `Barbara Günther, Margret Markert, Hans-Joachim Meyer, Klaus Möller, Stolpersteine in Hamburg-Harburg und Hamburg-Wilhelmsburg – Biographische Spurensuche, Landeszentrale für politische Bildung, Institut für die Geschichte der deutschen Juden (Hrsg.), Hamburg 2012]

Die ersten Stolpersteine: 1995 in der Kölner Bobstraße 1 (Foto: Demnig)

Darüber hinaus lädt die `Initiative Gedenken in Harburg´ in regelmäßigen Abständen zu öffentlichen Rundgängen zu Gedenkorten mit Stolpersteinen für Opfer des Nationalsozialismus im Bezirk Harburg und zu öffentlichen Gedenk- und Informationsveranstaltungen anlässlich der Einweihung neuer Stolpersteine – mitunter auch im Beisein von Angehörigen – im Hamburger Süden ein, auf denen weitere Einzelheiten des Projekts zur Sprache kommen.

Auch das Online-Feuilleton Tiefgang von SuedKultur möchte jetzt nicht länger abseits stehen und mit der Veröffentlichung einer Serie von Biographien Harburger Opfer des Nationalsozialismus dazu beitragen, dass diese Toten nicht in Vergessenheit geraten und ihre Mahnung zur Wachsamkeit gerade auch in Zeiten immer stärkerer fremdenfeindlicher Hetze und zunehmender gesellschaftlicher Isolierung Andersdenkender nicht ungehört verhallt.

Darüber hinaus wird es auch nicht an Hinweisen auf die anderen Veranstaltungen der  `Initiative Gedenken in Harburg´ fehlen, mit denen sie versucht, die NS-Vergangenheit vor Ort aufzuarbeiten, – ob im Rahmen der jährlichen HARBURGER GEDENKTAGE oder im Zuge ihrer weiteren Erforschung der Geschichte der Lager am Falkenbergsweg in HH-Neugraben in der NS-Zeit oder im Verlaufe ihrer nach wie vor intensiven Suche nach immer noch unentdeckten Spuren des Widerstands der `Weißen Rose´ gegen das NS-Regime auch im Hamburger Süden.

30. Jun. 2017, Klaus Möller

Initiative Gedenken in Harburg, Ev.-Luth.Kirchenkreis Hamburg-Ost,

Hölertwiete 5, 21073 Hamburg, gedenken-in-harburg.de

 

 

 

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