13. Clubaward verliehen

Was auf dem Spiel steht

Foto: Kevin Winiker

Einmal im Jahr werden die privat geführten Musikclubs der Stadt gewürdigt. Für 2023 wurde das Molotow „Club des Jahres“ und steht doch vor dem Aus.

Das Jahr 2023 endete mit einem Paukenschlag: Mit den Vorgängen um die Vertreibung des Molotows und die heimatlose Astra Stube erleidet die Musikstadt Hamburg einen schweren Schaden. Beide Clubs wurden in der Vergangenheit für ihre wertvolle Arbeit vielfach beim clubaward ausgezeichnet.In Harburg hat das Café „Komm du“ Anfang 2024 die Segel gestrichen. Düstere Aussichten.

Zum 13. Mal würdigte nun aber der Clubkombinat Hamburg e. V. Hamburgs Club- und Veranstaltungsszene in elf Kategorien. Und nicht nur das: Dieses Jahr verfolgten die Organisatorinnen und Organisatoren erstmals ein Nachhaltigkeitskonzept. In einer kurzweiligen Award-Verleihung wurden gestern Abend die Siegerinnen und Sieger geehrt, die durch eine über 90-köpfige, fachkundige Jury aus Vertreterinnen und Vertretern der Hamburger Club- und Musikszene gewählt wurden. Zudem konnte in einem Public Voting über den Lieblingsclub abgestimmt werden.

Die Nominierten, Gewinnerinnen und Gewinner

In der Kategorie Bester Club des Jahres 2023 waren in diesem Jahr unter anderem das Hafenklang, das Kulturschiff MS Stubnitz und das Molotow nominiert. Das Molotow, welches zuletzt durch die Kündigung seines Vermieters mediale Aufmerksamkeit erlangte, geht nun als Sieger „Club des Jahres 2023” in ein Jahr der Ungewissheit.

Spitzennominiert in der Kategorie Fremdveranstalterinnen und -veranstalter 2023 schafften es Command Queer, KD Palme und die Millerntor Gallery unter die Top 3. Mit klarem Abstand gewann die Millerntor Gallery dieses Jahr den begehrten Award.

In Sachen Newcomerförderung des Jahres 2023 zählten die Astra Stube, die Hebebühne und das Molotow zu den Favoritinnen und Favoriten der Jury. Als Sieger konnte abermals die Astra Stube aus dem Voting hervorgehen.

Zu den besten Konzerten des Jahres 2023 des vergangenen Jahres zählten folgende: die Veranstaltung am 26. Mai 2023 im Birdland mit „Hamburg liest verbrannte Bücher und singt verbrannte Lieder”, ebenso das Cascadas mit einer Veranstaltung am 17. Mai 2023 mit Alice Dee, Yaso G., Yetundey, Charlott Green, TanOne, Lizzn und Special Guest Lia Sahin, außerdem nominiert in der Konzert-Kategorie Enno Bunger, der am 23. Mai 2023 „Solo am Klavier” in der Christianskirche Ottensen spielte. Überzeugt hat die Jury am Ende das Birdland mit „Hamburg liest verbrannte Bücher und singt verbrannte Lieder” als Konzert des Jahres 2023.

Für die beste Clubnacht des Jahres 2023 waren gleich zwei Veranstaltungen aus dem Südpol nominiert: Juicy Süd sowie Queerpool. Als dritte Clubnacht des Jahres wurde der Golden Pudel Club mit Jamie XX und DJ Koze am 10. August 2022 nominiert. Über die Trophäe freute sich in diesem Jahr am Ende der Golden Pudel Club.

In der Kategorie Festival – klein aber fein des Jahres 2023 wurden das Blurred Edges Festival, das feel.jazz festival und erneut die Millerntor Gallery #11 nominiert. Auch hier setzte sich die Millerntor Gallery durch und darf sich somit über zwei Auszeichnungen am Award-Abend freuen.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Der diesjährige Clubaward unterstreicht die Bedeutung der vielfältigen und lebendigen Clubszene in Hamburg. Clubs sind die Orte, an denen neue Bands ihre ersten Erfahrungen sammeln können, in denen Abend für Abend die Musikstadt Hamburg in ihrer ganzen Vielfalt erklingt und die über die Grenzen der Musik hinaus Haltung beweisen. Die diesjährigen Preise für das Molotow als bester Club und für die Astra Stube für die beste Newcomerförderung machen deutlich, was auf dem Spiel steht, wenn es nicht gelingt, die Clublandschaft in Hamburg zu erhalten. Insofern sollte der Negativpreis für die Verdrängung von kulturellen Orten für uns alle Ansporn sein. Wir werden daher weiter mit aller Kraft nach neuen Orten für die Clubs suchen und in diesem Jahr den Runden Tisch ins Leben rufen, an dem die unterschiedlichen Player zusammenkommen sollen, um vorab Lösungen für aufkeimende Probleme zu suchen und die Interessen der Clubs in der Stadtentwicklung von vornherein mitzudenken.“

Anna Lafrentz, 1. Vorsitzende des Clubkombinat Hamburg e. V.: „Clubs als demokratiefördernde Orte sind wichtiger denn je und die Möglichkeit des Zusammenkommens und die verbindende Kraft von Livemusik sind essenziell. Dafür brauchen wir eine starke Basis und Gemeinschaft. Der Clubaward bietet eine hervorragende Gelegenheit, den Zusammenhalt innerhalb der Branche weiter zu festigen und öffentlich zu signalisieren, wie bedeutsam die Club- und Festivalkultur für das gesellschaftliche Miteinander ist. Wir gratulieren allen diesjährigen Preisträgern und Preisträgerinnen zu ihren Auszeichnungen.”

Publikumspreis „Lieblingsclub 2023”

Im Public Voting, das bis zum 21. Januar 2024 stattfand, wählten knapp 4.000 Kultur- und Veranstaltungsinteressierte ihren Lieblingsclub 2023: das Molotow, das vor dem Waagenbau und dem Monkeys Music Club landete, erhält von fritz-kola ein Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro.

Die Gewinnerinnen und Gewinner der weiteren Kategorien

Beim Nachhaltigkeits-Award „Beste Initiative ‚Zukunft feiern‘“ zählten Elbdeich und moondoo sowie das Uebel & Gefährlich zu den Nominierten. Für die Fachjury mit Beke Gröhn (Green Planet Energy), Helen Schepers (Green Events Hamburg), Torge Ebeling (T-Green) und Doris Volk (Clubstiftung) war das Uebel & Gefährlich diesmal Spitzenvorreiter in Sachen zukunftsfähiger Clubkultur. Der Preisträger-Club von der Feldstraße darf sich über ein Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro von Green Planet Energy freuen.

Der Vorstand des Clubkombinats Hamburg e. V. verlieh den diesjährigen Ehrenpreis an CrewCrew für ihr wegweisendes Unternehmen einer feministisch geprägten Sicherheits- und Türpolitik.

Mit dem Sonderpreis 2023, der durch die Clubstiftung in Kooperation mit dem Clubkombinat Hamburg e. V. verliehen wurde, wird in diesem Jahr Oll Inklusiv gUG für seine Integrationsleistung im Club-Kontext für „Senioren und Senioritas” geehrt.

Für angeregte Diskussionen auf jedem Clubaward sorgt stets der Negativpreis „Die zerbrochene Gitarre”. Dieses Jahr ging es ganz klar in Richtung Verdrängung von kulturellen Orten – auch im Hinblick auf die ungewisse Zukunft für das Molotow und die Astra Stube. In seiner Begründung (veröffentlicht auf https://clubkombinat.de) verweist der Clubverband auf die Dringlichkeit zur intensivierten Anstrengung für eine kulturelle Stadtentwicklung.

Tatkräftige Unterstützung

Der clubaward lebt von der tatkräftigen und finanziellen Unterstützung der Behörde für Kultur und Medien Hamburg, die nicht nur die Award Show förderte, sondern auch je 1.000 Euro für die Gewinnerinnen und Gewinner in den Kategorien „Bester Club 2023”, „Bester Fremdveranstalterin/beste Fremdveranstalterin 2023”, „Beste Newcomerförderung 2023”, „Konzert des Jahres”, „Clubnacht des Jahres” und „Festival – klein aber fein des Jahres” zur Verfügung stellten. Der Welcome-Drink war eine gemeinsame Kreation der Good Drinks GmbH (Club Goods) und fritz-kola. Letztere stellten außerdem ein Überraschungspaket zur Verlosung unter den Teilnehmenden des Public Votings bereit. Darüber hinaus unterstützen sowohl STRÖER, CartelX als auch Carlsberg und die Firma eps mit Sachpreisen für die Preisträgerinnen und Preisträger.

Erstmals in der Clubaward-Historie: ein Nachhaltigkeitskonzept für die Award-Verleihung.

Das Clubkombinat ist sich seiner Vorbildfunktion bewusst und setzt sich verstärkt für eine zukunftsfähige Clubkultur ein. Dazu zählen vor allem ökologische und soziale Nachhaltigkeit, verantwortungsvolles und ressourcenschonendes Handeln sowie das Thema Awareness und Teilhabe. Bei der Planung der Award-Show setzte das Clubkombinat erstmals ein Nachhaltigkeitskonzept um. Hierzu wird im Nachgang für die Veranstaltung eine CO2-Bilanz ausgewiesen.

Als Moderationsduo führten Chris Poelmann und Shafia Khawaja durch den Award-Abend. Außerdem begeisterten Hanna Noir und Modular das Publikum mit ihren Live-Performances.

Und doch kamen die mahnenden Worte nicht zu kurz. Das Clubkombinat Hamburg“ als Interessenverband der Hamburger Musikclubs: „Die jüngsten Vorgänge bringen ein Fass zum Überlaufen. Dieses Erdbeben darf nicht folgenlos bleiben! Das Molotow ist ein prominentes Opfer, das genutzt werden sollte, um auch weniger prominenten Verdrängungsfällen künftig vorzubeugen. Es bedarf nicht nur ein konsequentes und schnelles Handeln für das Molotow und die Astra Stube, sondern auch eine Aufarbeitung der Geschehnisse und strukturelle Reformen für eine kulturelle Stadtentwicklung. Es gilt zu verstehen, warum es zu diesen Entscheidungen kommen konnte, wie die Prozesse verliefen, um dann Konsequenzen auf den verschiedenen Ebenen (Bezirke, Land, Bund) zu ziehen. Wir brauchen ganzheitliche Stadtplanung mit einer Priorisierung von Kultur und Mensch vor Kapital. Die Dringlichkeit für eine kulturelle Stadtentwicklung ist unübersehbar.

Es darf nicht sein, dass ein Musikclub dessen Existenz bekannt war, in seinen Belangen übersehen wird und den Interessen von Investoren:innen mit ihren Bauvorhaben einfach weichen muss.“

Hamburg hat in der Vergangenheit viel für den Erhalt der Musikclubs geleistet. Dieser Einsatz sollte nicht aufs Spiel gesetzt und gefährdet werden. Aufgrund der sich verschärfenden Rahmenbedingungen müssen die gemeinsamen Anstrengungen intensiviert werden.

Für eine prosperierende Clubkultur ist weiterhin ein enges und andauerndes Zusammenspiel zwischen Finanzbehörde, Stadtentwicklungsbehörde, Kulturbehörde und der Clubszene erforderlich. Wir brauchen nicht nur Hilfszusagen in der akuten Not. Die Probleme müssen an der Wurzel angegangen werden. So muss künftig u.a. das Club-Kataster bei der Stadtplanung verbindliche Berücksichtigung finden und ein Veto-Recht bei der Verdrängung von Kulturstätten implementiert werden. Die Bezirke sollten Nutzungsvorbehalte und/oder einen Milieuschutz für Musikclubs formulieren.

Es gilt zu verhindern, dass sich das Kapital weiter durch die Stadt frisst und damit droht, dass die Musik immer leiser erklingt! Denn: “Eine Stadt ohne Clubs ist eine tote Stadt”. Daher verleiht das Clubkombinat die zerbrochene Gitarre 2023 für die Verdrängung von kulturellen Orten.

 

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