Pro*Niedersachsen fördert neues Forschungsvorhaben der Kunststätte Bossard

Denkmal, Kunst und Kontroverse vermitteln

Der Niedersächsische Minister für Kultur und Wissenschaft, Falko Mohrs 3.v.l.), überbrachte die Zusage für die das Förderprojekt persönlich an die Leiterin der Kunststätte Bossard, Heike Duisberg-Schleier.

Die Jesteburger Kunststätte Bossard und vor allem das Verhältnis des Künstlerehepaars Bossard zum Nationalsozialismus sorgt immer wieder für Diskussionen. Jetzt wird ein Forschungsprojekt mehr Licht ins Dunkel bringen … Im Bereich der Forschung geht die Kunststätte Bossard in diesem Sommer neue Wege. Zusammen mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD) hat sich das Museum im Förderprogramm „Pro*Niedersachsen – Kulturelles Erbe – Forschung und Vermittlung in ganz Niedersachsen“ um Forschungsgelder beworben und jetzt die Förderzusage über das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur erhalten.

„Die Kunststätte Bossard ist ein europaweit einzigartiges denkmalgeschütztes expressionistisches Gesamtkunstwerk. Das Forschungsprojekt zielt darauf ab, die Kunststätte umfassend mit all ihren künstlerischen, gesellschaftlichen und zeitgeschichtlichen Bezügen für Besucherinnen und Besucher zugänglich zu machen und für unsere Geschichte zu sensibilisieren“, so Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur Falko Mohrs. „Mit der Förderung in Höhe von 100.000 Euro unterstützen wir das beispielhafte Vorhaben. Historische Zusammenhänge werden an einem authentischen Ort vermittelt und so wird ein Raum für aktuelle gesellschaftliche Debatten in Niedersachsen geschaffen.“

Die zweijährige Projektphase des Forschungsvorhabens startet im Oktober dieses Jahres. „Bisher überwiegt an der Kunststätte die kunsthistorische Ausrichtung“, so Heike Duisberg-Schleier, Leiterin der Kunststätte Bossard. „Wir wünschen uns über das Forschungsprojekt, die direkte Umsetzung einer digitalen und schriftlichen niedrigschwelligen Vermittlung des Gesamtkunstwerkes. Dabei geht es um die Kunst des Künstlerehepaars Bossard, aber auch um diesen im Original erhaltenen Ort, an dem wir das Leben der Künstler in mindestens fünf Zeitepochen darstellen können. Präziser formuliert: was ist notwendig, damit sich die Kunststätte in ihrer außergewöhnlichen Kombination aus Denkmal, Kunst und Kontroverse seinen Besucherinnen und Besuchern als Museum erschließt? “ Die Kunststätte könnte damit zu einem deutschlandweit einmaligen Beispiel für diese Form der Präsentation werden und repräsentativ für den Umgang mit Künstlern, die bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts gelebt und gewirkt haben.

Schwerpunkt der Forschung wird die Ausarbeitung der unterschiedlichen Beziehungen zwischen den Bauten auf dem Museumsgelände, der darin enthaltenen Kunst und Geschichte im Verhältnis zum Künstlerehepaar und den Besuchern, den Museumsmitarbeitenden, den Anwohnenden und den Medien sein. Historische und individuelle Bedeutungen, die dieser besondere Ort durch seine unterschiedlichen Akteure ansammelt, werden sichtbar gemacht und analysiert. „Diesen Forschungsansatz nennt man Atmosphären-Netzwerk-Modell“, erklärt Heike Duisberg-Schleier und erwartet über diesen Ansatz neue Impulse für die Vermittlung im Museum.

„Am Ende des Projektes erhoffen wir uns, mit Hilfe digitaler Medien so barrierearm wie möglich zu agieren. Wir stellen uns Medienstationen in den historischen Gebäuden vor, QR-Codes mit Text- und Tondokumenten zur Unterstützung beim Rundgang auf dem Museumsgelände und eine wissenschaftliche Publikation“, so die Leiterin der Kunststätte Bossard.

Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege wird die Ergebnisse des Projekts auf seiner Online-Plattform Denkmalatlas Niedersachsen präsentieren und damit in den denkmalfachlichen wie auch in den politischen und bürgerschaftlichen Diskurs über den Umgang mit einem „schwierigen Erbe“ einbinden. „Die Denkmalpflege hat zunächst die Aufgabe reale materielle Spuren, Bauten und Zusammenhänge zu erhalten und zu sichern“, sagt NLD-Präsidentin Dr. Christina Krafczyk. „Die Form der Auseinandersetzung, des Erinnerns und Gedenkens muss auf dieser Basis im gemeinsamen Dialog aller Beteiligter geführt werden.“

Zum Förderprogramm: Mit insgesamt rund 2,1 Millionen Euro fördert das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) 22 forschungsgeleitete Projekte und Projektverbünde zur Erschließung, Präsentation oder Konservierung von Sammlungsteilen oder Sammlungsbeständen von nichtstaatlichen kulturgutbewahrenden Einrichtungen in kommunaler, gemeinnütziger oder privater Trägerschaft. Die Mittel werden aus dem Programm „zukunft.niedersachen“ der VolkswagenStiftung und des Landes generiert.

Die Besonderheit in der Antragstellung ist, sie erfolgt gemeinsam mit einer staatlichen Einrichtung im wissenschaftlichen oder kulturellen Bereich. Die Kunststätte Bossard hat mit dem NLD einen Partner mit denkmalfachlicher Expertise, die auch den Umgang mit den zahlreichen Denkmalen aus der (Vor-)Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Ideologie in Niedersachsen greift, gefunden. Seit 2018 beschäftigt sich die Kunststätte Bossard intensiv mit der Erforschung der Geisteshaltung des Künstlerehepaars Bossard. Mit diesem Forschungsprojekt werden Ergebnisse aus abgeschlossener und aktueller Forschung und Vermittlung vor Ort zusätzlich präzisiert.

 

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