Mit der Kunst als universelle Sprache schalten wir von der Froschperspektive auf Panoramablick. Wie auf einer universellen Aussichtsplattform erkennst du Zusammenhänge, die du vorher nicht gesehen hast.
Von Ulrike Hinrichs
Psychosomatische und chronische Krankheiten oder Autoimmunerkrankungen sind für Betroffene und oft auch für das Umfeld ein dauerhaft belastendes Problem. Mittlerweile ist auch medizinisch nachgewiesen, dass Stress eine große Rolle bei der Genese von Erkrankungen spielt. Die Stresshormone Adrenalin und Cortisol greifen in den Hirnstoffwechsel ein und verhindern die Ausschüttung heilungsfördernder Botenstoffe, so dass die Abwehrkräfte versagen. Der US-amerikanische Entwicklungsbiologe und Stammzellforscher Bruce Lipton geht davon aus, dass 95% aller Krankheiten die Ursache in Stress haben. Wer Stress ausschaltet, aktiviert die Selbstheilung und anders herum.
In unserem Medizinsystem wird oft nur an einzelnen Symptomen herumgedoktert. Solche Rückmeldungen höre ich aus meiner Gruppe „Krankheit als Bild“ im Kulturhaus Süderelbe. Teilnehmerinnen mit verschiedensten Erkrankungen, wie Multiple Sklerose, Bluthochdruck, Münzkopfschmerz oder Fibromyalgie nehmen daran teil.
„Anstatt die Krankheit als Eindringling von außen zu betrachten, sollte man sich überlegen, was sie über das Leben aussagt, in dem sie auftritt“, so Dr. med. Gabor Maté in seinem Buch „Vom Mythos des Normalen (2023, S. 298).
Das machen wir mit Pinsel und Farbe, indem wir Symptome in metaphorische Gestalten und Themen verwandeln. Hier ein Beispiel: Wenn deine Krankheit sich etwas im Spielwarenladen aussuchen könnte, was wäre es?
Die Klientin mit Bluthochdruck hatte bei der Frage sofort ein Bild im Kopf. Es war ein Einhorn.
Was bringen uns solche Erkenntnisse, die sich über metaphorische Fragen in Bildern ausdrücken? Das Ziel ist es, tiefer zu schauen, hinter die Krankheit zu blicken, zu lauschen und bestenfalls eine positive Absicht zu entdecken. Die Kunst hilft uns dabei als universelle Sprache. Sie entspricht dem schnellen Denken, wie es der Nobelpreisträger Daniel Kahneman beschreibt. Es ist das assoziative, intuitive, wilde Denken, das der weiblichen Urkraft entspringt. Es folgt keinen linearen Strukturen, wie es unser Verstand verlangt. Das wilde Denken kann Widersprüche aushalten und das größere Ganze sehen. Es trennt nicht, sondern fügt zusammen. Lisa Miller, Professorin für Klinische Psychologie an der Columbia University New York, konstatiert in ihrem Buch „Das erwachte Gehirn“ Fantasie sei eine Form der Wahrnehmung, eine Möglichkeit, wegweisende Informationen zu erhalten. Kunst ist Fantasie.
Aus der Gruppe kamen zum Einhorn folgende Rückmeldungen:
Das Einhorn mampft glücklich vor sich hin. Es ist eingehüllt in eine wärmende bunte Mähne und strahlt Zufriedenheit aus. Nichtstun ist sein Motto. Es hat Mitgefühl mit sich selbst. Es ist einfach nur hübsch und schön, ohne etwas dafür zu tun.
Das könnte eine Botschaft der Krankheit sein. Einfach nichts tun, den Tag genießen, Sein, statt Leistung, Stress, Druck und Aktivität. Für die Klientin war das stimmig.
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Ulrike Hinrichs ist Gesprächstherapeutin, Kunsttherapeutin (M.A und Autorin zahlreicher Sachbücher. www.lösungskunst.com
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