Die Hamburger ´Nachtschicht` bietet sich an:

Überstunden für Dein Projekt

Manche kriegen von der Arbeit einfach nicht genug - erst recht nicht für eine gute Sache. (Illustration: camici)

Was nützt die beste Idee und das schönste Projekt, wenn niemand sie kennt? Profis bieten nun an, das zu ändern und machen dafür Überstunden. Kostenfrei.

Die einen arbeiten an der Sache (Hersteller/Produktion), die anderen daran, diese bekannt zu machen (Marketing/Vertrieb). So funktioniert die Arbeitsteilung in der Wirtschaft. Warum nicht also auch im Ehrenamt?

Klar: meist fehlt es an Geld. Denn Werbung und Agenturen sind teuer. Oft fehlt es aber auch einfach an den Kontakten, am Austausch und am Verständnis für einander. Ein Hamburger Projekt geht nun in die Offensive. Expert*innen aus der Kreativbranche bieten eine kostenfreie Nachtschicht an, um Non-Profit-Organisationen auf die (Werbe-)Sprünge zu helfen. Ein Experiment, das es in sich haben kann.

Das kreative PowerPack

Fünf Projekte, fünf kreative Gruppen, acht Stunden Zeit – die Idee ist nicht ganz neu, aber ziemlich gut: In einer Nacht treffen Unternehmen und Selbständige aus der Kreativbranche auf Vertreter gemeinnütziger Organisation und stellen ihr Know-how zur Verfügung. Dabei entstehen strategisch sinnvolle Kommunikationsmaßnahmen (wie z.B. Broschüren, Flyer, Plakate, Info- oder Schulungsmaterialien), eine maßgeschneiderte Corporate Identity, Drehbücher für einen Imagefilm oder Kampagnen. Eben genau das, was viele Non-Profit-Organisationen (NPO) dringend benötigen – und wofür allzu oft die finanziellen Mittel fehlen. Und das Beste ist: die Aufträge werden während der NACHTSCHICHT in Abstimmung mit den NPO direkt erledigt. Also: aufwachen! Die Ergebnisse können sofort genutzt und in die eigene Kommunikationsstrategie eingebunden werden.

Noch bis zum 31. August 2017 können sich Non-Profit-Organisationen, Vereine und Sozialunternehmen mit klar umrissenen Projekten bewerben, die sie gern umsetzen möchten. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt im September 2017.

„Einfach mal machen!“

Bastian Henrichs, selbst freischaffender Journalist und Texter, ist einer der Initiatoren der Hamburger NACHTSCHICHT. Er hatte über seine kreativen Kontakte in Berlin von der Idee erfahren. Dort gibt es das Projekt „Nachtschicht Berlin“ mittlerweile einige Jahre und immer wieder werden neue Ideen aber auch Macher involviert. „Man redet untereinander ja nicht nur übers Geschäft. Man tauscht ja auch Ideen aus und warum dann nicht so etwas initiieren?“

In Berlin war er in ein Projekt involviert, wo es darum ging, den Verein „Hilfe für Opfer von Straftaten in Berlin e.V.“ zu unterstützen. Vielen Berliner*innen war die Opferhilfe gar nicht bekannt. Der sogenannten Non-Profit-Organisation auf der anderen Seite waren die finanziellen und personellen Möglichkeiten nicht gegeben, sich stadtweit bekannt zu machen. „Nachtschicht Berlin“ schaffte es letztlich nicht nur eine kleine Kampagne zu durchdenken sondern diese auch in den Werbe-Bildschirmen – den sogenannten „Berliner Fenstern“ kostenfrei zu platzieren.  Nicht ohne Wirkung.

Das brachte ihn auf die Idee, das auch in Hamburg zu machen. Einfach so – pro bono – ohne Hintergedanken. „Ja, einfach mal machen“, sagt er. „Es ist ja nicht so, dass man permanent überlastet ist und so eine Sache macht Spaß und bringt einem auch was.“

„Überstunden für den guten Zweck“

Die „Überstunden für den guten Zweck“ werden erstmals am 3. November 2017 in Hamburg geleistet werden. Doch es braucht schon vorher einige Vorbereitung. Denn im Grunde ist es wie ein „Briefing“ in der kreativern Wirtschaft. Die Organisation oder der Verein sollte sich klar sein, wen er warum und was genau ansprechen will. „Wir telefonieren vorab schon noch mit den Bewerbern“, sagt Henrichs und weiß, dass auch die sich nämlich einlassen müssen. Acht Stunden – die Zeit wäre zu knapp, um noch Grundsatzdiskussionen zu führen.

Denn wenn es erstmal losgeht, hauen sich die Profis dann wahrlich die Nacht um die Ohren, um zu sehen wie es zu machen ist. Und dazu kann auf ein komplettes Portfolio zurückgegriffen werden.

PR/Marketing (Konzept, Kampagnenplanung, Werbetext,bis hin zu Übersetzungen, Gestaltung von einem Corporate Design (CD, Logoentwicklung hin zu Flyern, Plakaten oder anderen Materialien), Audio/Video/Foto samt Storyboard-Entwicklung oder auch Web/IT samt Einrichtung einer Social-Media-Infrastruktur (Aufbau Twitter, Facebook, Google-Plus, Flickr, Basisinhalte, Basisnetzwerk), Konzeption, Layout und Text E-Newsletter … Wenn es passt, kann es direkt umgesetzt werden. Oder noch mal angepasst, verfeinert oder optimiert.

Keiner geht mit leeren Händen nach Hause

„Das ist schon irre, was so ein Team in acht Stunden auf die Beine stellen kann. Und da wir alle über weitere Kontakte verfügen, können eben auch die nächsten Schritte gut angegangen werden“, so Bastian Henrichs.

Man kann eben ein Ehrenamt übernehmen oder Geld spenden, um etwas zu bewirken. In der NACHTSCHICHT spenden eben Menschen Zeit, kreatives Potenzial und professionelle Erfahrung.

Und wie läuft so eine NACHTSCHICHT genau ab? „Wir treffen uns am 3. November um 18 Uhr in der Lounge im Betahaus. Hier treffen die Gruppenmitglieder der bis zu sieben Teams zum ersten Mal aufeinander. Nach einer kurzen Vorstellung der gemeinnützigen Organisationen und den Briefings legen wir los. Die Teams ziehen sich in ihre Arbeitsräume zurück und es folgen etwa fünf Stunden konzentriert-kreativen Schaffens, in denen wir gemeinsam Ideen und Lösungen für die Bedürfnisse der gemeinnützigen Organisationen ausbrüten. Die Vertreter*innen der Non-Profit-Organisationen (NPO) sind permanent dabei, geben den Rahmen vor und bringen sich in den Kreativprozess ein.

Haben nichts gegen Überstunden: (v.l.) Daniel Hautmann, Katrin Meyer u. Bastian Henrichs (Foto: Nachtschicht HH)

Nach einer Mitternachtssuppe werden bis ca. 2.30 Uhr die Projekte fertig umgesetzt und anschließend dem gesamten Plenum präsentiert. Ziel ist es, dass keiner mit leeren Händen nach Hause geht. Um die Nacht ausdauernd und konzentriert durchzuhalten, gibt es bei der NACHTSCHICHT köstliches Essen, Drinks und lässigen Sound. Wir überlassen nichts dem Zufall: Für ein effektives Engagement und gute Ergebnisse finden wir bereits vor der Nachtschicht den passenden Mix aus Expertinnen und Experten aus Hamburger Kreativunternehmen, die ihre Kompetenz spenden. Dabei greifen wir auf unsere Kontakte zurück und die Netzwerke unserer Unterstützer.

Die Bewerbung:

Die Projektauswahl erfolgt durch eine Jury der Veranstalter und Kooperationspartner im September 2017. Mit den in der ersten Runde ausgewählten gemeinnützigen Organisationen wird ein telefonisches Auswahlgespräch geführt. Nach den Auswahlgesprächen werden fünf gemeinnützige Organisationen und/oder Social Start-ups für eine Teilnahme an der NACHTSCHICHT ausgewählt. Die ausgewählten gemeinnützigen Organisationen treffen während der NACHTSCHICHT auf professionelle Hamburger Kreative, die innerhalb von acht Stunden die im Vorfeld vereinbarten Leistungen pro bono für die Organisationen erbringen und ihnen die Ergebnisse am Ende direkt übergeben.
Die NACHTSCHICHT Hamburg findet am 3. November 2017 ab 18 Uhr im Betahaus statt.

Noch ein Hinweis am Schluss: Die NACHTSCHICHT Hamburg richtet sich ausschließlich an gemeinnützige Organisationen, Initiativen und Social Startups der Metropolregion Hamburg.

Zu den Unterstützern zählen Kombüse e.V., www.kombuese.org / Betahaus, www.hamburg.betahaus.de / Tatkräftig e.V., www.tatkraeftig.org / Foodloose, www.foodloose.net

Biobob, www.biobob.net / Flensburger Pilsener, www.flens.de /Camici, www.camici.berlin

Infos zum umgesetzten Beispiel der „Hilfe für Opfer von Straftaten in Berlin e.V.“:

Der Hilfe für Opfer von Straftaten in Berlin e.V. (kurz Opferhilfe e.V.) berät und unterstützt Opfer und Zeug/innen von Straftaten und deren Angehörige. Der Verein bietet psychologische Beratung, Gerichtsbegleitung oder auch die Vermittlung von Kontakten zu Therapeuten und Rechtsanwälten.
Da sich die von Straftaten betroffenen Menschen selber an Unterstützungsangebote wenden müssen, bekommen zu wenige Betroffene diese notwendige Hilfe. Um möglichst viele Menschen auf das Angebot aufmerksam zu machen, hat das Berliner Fenster für die Nachtschicht gratis eine Wochenschaltung zur Verfügung gestellt.
Dieser zusätzliche Platz wurde gemeinsam mit dem Tagesspiegel vergeben.

Die Opferhilfe hatte im Vorfeld herausgefunden, dass nur eine geringe Zahl der Opfer (Zeugen und Angehörige eingeschlossen) von Gewalt- und Straftaten schon einmal von der Opferhilfe Berlin gehört hatte. Deshalb sollte transportiert werden, was die Opferhilfe ist, wer sich an die Opferhilfe wenden kann und wie man das am einfachsten tun kann. Der Spot soll Aufmerksamkeit erregen und gleichzeitig viele Informationen vermitteln. Gesagt, getan: Am Ende war der Kunde sehr glücklich und der Spot flimmerte im April über die Bildschirme – die sogenannten „Berliner Fenster“ – in den Berliner U-Bahnen. (siehe auch nachtschicht-berlin.de)

Bewerbung bis zum 31. August 2017 einreichen unter: nachtschichthamburg.de/npo-kontaktformular/

Und auf Facebook: facebook.com/nachtschichthamburg.de

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